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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
Nummer 3
(55 ist bestimm!
lein
Zufall, daß gerade die Ge¬
meinde es ist.
die
Sie zu diesem Festakt geladen hat.
Mit Ihrer (Gemeinde, der kleinsten staatlichen Zelle
^,er
Gemeinschaft, sind Sie ja aufs engste verbunden
oon Ihrer früheften Jugend an. Sie gemährte Ihnen
Schutz bereits in den ersten Tagen Ihrer Kindheit, in
ihr
besuchten Sie die Schulen, hier traten Sie viel¬
leicht bereits schon ins Berufsleben ein, hier fanden
Sie Ihre ersten Freunde, genossen Sie d>ie ersten
Stunden der Erholung und Entspannung. So darf es
auch nicht wundernehmen, daß Ihre Gemeinde es
sich zur Ehre anrechnet, Sie zur Feier Ihrer politi¬
schen Mündigkeit einzuladen. Sie haben Rechte er¬
langt, aber auch Pflichten übernommen, deren Aus¬
maß und Bedeutung Sie Nicht unterschätzen mögen.
Sie alle sind Bürger unserer Swdt, aber auch Bürger
unseres Landes und unseres Staates, und das Be¬
wußtsein, Innsbrucker, Tiroler, Österreicher zu sein,
erfüllt uns alle mit berechtigtem Stolz.
Meinem Versuch, Ihnen die Tragweite der nun¬
mehr übernommenen politischen Rechte und Pflichten
kurz vor Augen zu führen, möchte ich einige Bemer¬
kungen voranstellen!
Wir sprechen von der Gemeinschaft. Nun ist jeder
Mensch von der Wurzel her nur er selbst in Antwort
auf den anderen. Ohne den anderen kommt der
Mensch nicht zu sich selbst, kann er überhaupt nicht
Mensch werden. Er erwacht an der Liebe eines
anderen Menschen, entwickelt sich in einer Gemein¬
schaft. Schon die Sprache des Menschen ist nur möglich
als Muttersprache, und damit ist auch das Denken
des Menschen nur in der Gemeinschaft eines gemein¬
samen Sprechens und Hörens wirtlich vollziehbar.
Der Mensch ist von seinem Ursprung her Mitmensch,
und je mehr er Mitmensch ist, d.h. je mehr Mensch¬
lichkeit er von seinen Mitmenschen empfangen hat
und wiederum ausstrahlt, desto mehr ist er selbst
Mensch. Je mehr er innerlich Raum hat für den
anderen, je weiter sein Herz und sein Geist ist, desto
mehr stellt er selbst den Menschen dar, desto mehr hat
er teil am Menschlichen.
Die wesentlichen Aufgaben des Staates ergeben
sich aus dem Zweck und Ziel des Staates, nämlich das
Wohl seiner Glieder zu fördern, zu sichern und nach
innen und außen zu schützen. Aus dem Vorgesagten
ergibt sich, daß die Menschen ihrer natürlichen Anlage
nach des Zusammenlebens und Zusammenwirkens in
der staatlich organisierten Gemeinschaft bedürfen, um
die ihnen gesetzten Zwecke zu erreichen und zu ver¬
wirklichen,' die Entwicklung und Entfaltung ihrer
Persönlichkeit, den Schutz der Familie, die Begrün¬
dung
einer
materiellen und geistigen Kultur, so daß
alle in den Genuß der Früchte dieser Kultur kommen
können. Die Aufgabe des Staates als Verwirklichung
des Gemeinwohles kann natürlich niemals unabhän¬
gig von der Verwirklichung dieser wesentlichen mensch¬
lichen Zwecke gedacht werden.
Die Voraussetzung für das Zusammenwirken zum
Gemeinwohl und die Sicherung des Gemeinwohls ist
eine
Ordnung, die den Frieden der Gemeinschaft nach
inno»
sichert und dabei allen das ihnen zukommende
Recht zuleil werden läßt, die also die Normen für
das menschliche, naturgegebene Verhalten in ihr fest¬
setzt.
Sie ersehen, welche BeDenlung der Genieinschast an
sich, welche Bedeutung aber auch der höchsten mensch¬
lichen Gemeinschaft, dem Slaale, zukommt. Die For¬
mung der Gemeinschaft, die Formung unseres Staa¬
tes, ist nunmehr weitgehend in Ihre Hände
gelegt.
Auch in Ihre Hand ist es nunmehr gelegt, ob wir
uns weiterhin gemeinsam eine gesicherte Existenz und
Zukunft in Ordnung, Sicherheit und Gerechtigkeit
erhalten können.
Wir wollen unseren Beitrag dazu
leisten,
gerade
weil wir wissen, daß wir in einer Zeit schwerer Aus¬
einandersetzungen leben und diese auch für unser
aller
Geschick milbestimmend sind. Im Bewußtsein, daß von
der treuen Pflichterfüllung jedes einzelnen, im Klei¬
nen wie im Großen, die Zukunft unseres Vaterlandes
abhängt, übernehmen Sie einen Teil der Verant¬
wortung für Land und Volk. In der österreichischen
Bundesverfassung bildet die Herrschaft des Volkes
einen »ihrer Grundpfeiler. Dazu aber ist die Mitarbeit
und Mitverantwortung aller erforderlich. Es erwach¬
sen somit den Bürgern eines demokratischen Gemein¬
wesens Rechte und Pflichten, die von ihnen gekannt
und beachtet werden müssen, um den Staat zu
einer
lebendigen Gemeinschaft seiner Bürger zu gestallen.
Soll die Zukunft unseres demokratischen Staates
gesichert sein, muß allen voran die österreichische Ju¬
gend von den Rechten und Pflichten des Bürgers
einer Demokratie auch Gebrauch machen.
Ich bin überzeugt, Sie «alle sind stolz auf unser
schönes Innsbruck. Aber nehmen wir es nicht oft als
Selbstverständlichkeit hin, daß wir in unserer Stadt
gute Straßen, Versorgung mit einwandfreiem Trink¬
wasser, Abwasseranlagen und elektrischen Strom,
Schulen, Altersheime, Theater und viele andere Kul¬
tur-, Wohlfahrts- un'd Versorgungsdienste vorfinden,
für die die Stadtverwaltung verantwortlich ist. Und
hier mitverantwortlich zu sein und mitzuarbeiten, daß
diese Einrichtungen erhalten, gepflegt und immer
weiter ausgebaut werden, ist nunmehr auch
eine
Le¬
bensaufgabe von Ihnen geworden.
Sie haben das aktive Wahlrecht erlangt.
Sie werden immer wieder Gelegenheit erhalten, bei
Gemeinderats-, Landtags-, Rationalrats- oder Bun-
deöpräsidentenwahlen Ihre Stimme in die Waag¬
schale zu werfen und damit entscheidend den Weg
Innsbrucks, Tirols und Österreichs uorzuzeichnen.
Über dieses Österreich, das allen Voraussagen zum
Trotz immer wieder auferstand, lebte, arbeitete und
der Welt mehr gab, als sie oft selbst ahnte,
jenes
Österreich, das Fremde oft höher schätzen als der
Österreicher selbst, sagte einmal
Bismarck
mit Seher¬
blicken sogar! „Was sollte an
die
Stelle Europas
gesetzt werden, welche der österreichische Staat von
Tirol bis zur Bukowina bisher ausfüllt? Reue Nil¬
dungen auf dieser Fläche könnten nur dauernd revo¬
lutionärer Art sein."
Papst Johannes
XX!!!.
sagte
anläßlich der Son¬
deraudienz,
die
er der österreichischen Regiernngs-
delegalion
im letzten Jahre zu seinem ^<». Geburlstage
gab. zum Außenminister gewandt! „Als Außenmi¬
nister Österreichs haben Sie
ein^
lächle und dankbare
Ausgabe. Herr Minister. Leicht muß es
sein,
ein
Land
verlrele»
zu tonnen, das überall in der Welt An¬
sehe,! und ^
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