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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
Nummer 9
Trauerfahne vom Rathause. Neben der Witwe, zwei
Söhnen, einer Tochter und den übrigen Verwandt!.'!,,
nahmen an der Vestatlnngsfeierlichkeil, geführt von,
evangelifchen Pfarrer
Wolfgang
Liebenwein,
eine
große Anzahl Freunde und Gesinnungsgenossen des
Verewigten teil. Eine Gruppe chargierter Burschen¬
schafter in Wichs flankierten das Grab ihres Bundes-
bruders.
Hofrat Dr. Heißler war ein gebürtiger Egerlander.
Geboren als jüngstes von zwölf Kindern am 6. No¬
vember 1876, besuchte er die Gymnasien in Vudweis
und Prag und anschließend in Böhmens Hauptstadt
die Hochschule für Staatswissenschaften. Nach Beendi¬
gung seiner Studien trat er in den Dienst der Öster¬
reichischen Staatsbahn, die ihn auf uerantwortungs-
reiche Posten in Vudweis, Karlsbad und Pilsen
setzte. Während des ersten Weltkrieges stand er an
polnischen und russischen Fronten und kämpfte als
Offizier im felben Truppentörper wie Dr. Vurghard
Breitner. Wie viele andere sudetendeutsche Bürger
traf durch den neuen tschechoslowakischen Staat auch
heißler das bittere Los, aus der Heimat vertrieben
zu werden. Nach kurzem Aufenthalt in Wien, kam er
Mitte November 1920 als Personalchef zur Bundes-
bahndiretlion nach Innsbruck, das ihm zur zweiten
geliebten Heimat geworden ist. Hier in den Bergen
Tirols fühlte sich der leidenschaftliche Berg- und Na¬
turfreund aus dein Eudetenland wieder wohl. Als Ge¬
meinde- und Stadtrat sowie als Verwallungsral der
Innsbrucker Verkehrsbetriebe setzte er sich bereitwil¬
ligst für die öffentlichen Interessen ein. Als Bundes-
bahnbeamter lag ihm u. a. insbesonders die Elektri¬
fizierung der Tiroler Eisenbahnen am Herzen. Als
wirtlicher Hofrat trat er um 1930 in den Nuhestand,
nachdem er sich an der hiesigen Universität zuvor noch
aus dem
Jus
den Doktorhut erworben hatte. Im
zweiten Weltkrieg treffen wir ihn
als
Hauptmann
in Frankreich und Nußland, wo ihn beim großen
Vormarsch das Geschick bis nordöstlich von Moskau
führte. Mit Vollendung des 65. Lebensjahres rüstete
er ab. Nach dem Kriege lieh er seine Kräfte und rei¬
chen Erfahrungen mit Vorliebe dem Verbände der
Vesatzungsgeschädigten Tirols, dem er
mele
Jahre als
Obmann vorstand. Vertreter dieser Vereinigung wie
auch Vertreter des Verbandes freiheitlicher Akademi¬
ker fowie Landtagsabgeordneter Klaus Mahnert als
Sprecher der FPÖ dankten ihm am offenen Grabe für
seine allzeit bewiesene Treue.
W. Eppacher
Todesursachen in
Innsbruck
vor 100 Jahren
Dr. Karl
Schadelbauer
Der „Statistische Vierteljahresbericht der Landes¬
hauptstadt Innsbruck" enthält jeweils auch eine
Übersicht über die Todesursachen. Die Todesfälle wer¬
den in achtzehn Gruppen von Todesursachen aufge-
schlüsselt. Während einige dieser Gruppen (z. V.
13. Krankheiten der Knochen und der Vewegungs-
organe oder 14. angeborene Mißbildungen) kaum in
Erscheinung treten, fallen andere durch die Höhe der
Zahlen besonders auf. Dazu gehören in erster Linie
die Krankheiten der Kreislauforgane und der Krebs.
Da im Auftreten und der Bösartigkeit der Krankhei¬
ten einerseits mehrfach Wandlungen (z. V. bei der
Kinderlähmung) festgestellt werden, anderseits be¬
sonders gefürchtete Krankheiten durch die Errungen¬
schaften der modernen Medizin (vorzüglich der Imp¬
fungen) so gut wie verschwunden sind (z. B. die Blat¬
tern und Diphtherie), scheint ein Vergleich, ruie es
bezüglich der Todesursachen in Innsbruck vor hundert
Jahren, also vor etwa drei Generationen aussah, nicht
uninteressant. Weiter als bis zum Ende des 18. Jahr¬
hunderts läßt sich ohnehin kein verläßliches Ver¬
gleichsmaterial beibringen, weil ja erst durch die un¬
ter Kaiser Josef
II.
eingeführten ausführlichen Ster¬
bematriken (zirka 1785), für jeden Todesfall die An¬
gabe einer Ursache verlangt worden war. Die Unsicher¬
heit der Diagnose, wie auch der verwendeten Aus¬
drücke (z. B. Schleimfieber, Darrfucht) erschwert über¬
dies die Auswertung jener älteren Eintragungen.
Als Johann Jakob Staffier um 1840 den i. Band
seiner berühmten Topographie von Tirol herausgab,
schrieb er über die vorkommenden Todesursachen fol¬
gendes! „Die gewöhnlichsten tötlichen Krankheilen in
der Provinz sind! Zehrfieber, vorzüglich durch Lungen¬
schwindsucht, Drüsen- und Darrsucht, Wassersuchten,
Schlag- und Stickflüsse, Fraisen und Krämpfe, mei¬
stens bei Kindern, Entzündungen, besonders der Lun¬
gen und Gedärme, Gallen- und Schleimfieber, Ma¬
gen- und Leberverhärtungen, endlich Altersschwäche.
Der vorherrschende Kranthe'itscharatter ist nach der
Beobachtung durch viele Jahre katarrhalisch-rheuma-
tisch-entzündlich, öfters auch gastrisch-gallicht. Die ge¬
wöhnlichsten Epidemien sind: Nuhrtrantheiten. ner¬
vöse Fieber (^ Typhus), Scharlachfieber, Masern,
falsche Pocken (Varioloides und Varicelles), seltener
die echten natürlichen Pocken, die Grippe und der
Keuchhusten, in Südtirol in mehreren Gegenden auch
die Wechselfieber."
Vorausgeschickt sei, daß sich in der Stadt Innsbruck,
die ohne Hötting, Wilten und Pradl zirka 15.000 Ein¬
wohner zählte, im Jahre 185? insgesamt 389 Todes¬
fälle ereigneten (gegen 315 im Jahre 1856 und 1586
im Jahre 1858). Vergleichsweise
sei
noch
mitgeteilt,
daß zu Beginn des Jahrhunderts, bei einer Einwoh¬
nerzahl von zirka 10.000 Personen im Jahre 1800
391 starben, 1801 403 nnd 1802 508.
An erster Stelle nennt Staffier die Lungenerkran¬
kungen,
die
heute kaum wesentlich ins Gewicht fallen.
Unter 403 Todesfällen in den Monaten Ottober bis
Dezember 1957 werden nur 13 Krankheiten der At¬
mungsorgane angegeben
<bei
der genau gleichen
Anzahl uon Todesfällen im Jahre 1801 hingegen
über hundert,
also
beinahe das Zehnfache!). Im
Jahre 1857 starben an verschiedenen Lungenerlran-
tungen 139 Personen,
d.s.
fast 36
Prozents!).
Unter
den Bezeichnungen Tuberkulose, Lungensucht. Lungen-
blutsturz. Auszehrung. Zehrfieber, Abzehrung, Ekro-
felsucht, Kehltopflnberkulose finden sich 7! Fälle, dazu
an Lungenlähmung 48, Lungenentzündung 13. Lun-
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