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Amtsblatt 1967 Nr. 07_08 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Nummer 7/8

Mir sind glücklich, Herrn Oberbaurat Dipl.-Ing.
Karl Innerebner unter uns zu wissen, und stolz, daß
er Innsbrucks Ehrenbürger ist.

Nach der Fertigstellung dieses Werkes im Jahre
1903 war Innsbruck in der Stromerzeugung zwar
autark, doch ließ diese erfreuliche Bilanz die Verant¬
wortlichen nicht ruhen. Es entstand eine Reihe neuer
Projekte. Es wurden die Pläne für den Ausbau der
Unteren Till verfaßt und 1909 der wasserrechtlichen
Voruerhandlung Zugeführt.

Zur gleichen Zeit entstand der Plan, ein Achensee-
Kraftwerk zu errichten und für die Stadtgemeinde
nutzbar zu machen.

Der erste Weltkrieg machte alle hochfliegenden
Pläne zunichte, aber trotz wirtschaftlicher Notlage nach
dessen Beendigung führte die klare energiewirtschaft-
l>iche Zielsetzung der Stadt im Jahre 1919 dazu, daß
der herrliche natürliche Großspeicher Achensee erwor¬
ben, 1924 die heutige Landesgesellschaft Tiroler Was¬
serkraftwerke gegründet und der Bau des Werkes be¬
gonnen Werden konnte, welches 1927 bereits dem Be¬
triebe übergeben wurde. Die Stadt sicherte sich damals
mit einem 51prozentigen Aktienbesitz einen maßge¬
benden Einfluß auf die Energiewirtschaft Tirols.

Gin zweiter Weltkrieg begrub auf Jahre sämtliche
Projekte, und sehr geminderte Stromerzeugungsanla-
gen waren der Rest, denn der Besitz an den Tiroler
Wasferkaftwerken ging verloren, es verblieben der
Stadt nur die beiden alten Werke, die — als man
beginnen konnte, die Wunden des Krieges im Stadt¬
bild zu schließen — den Anforderungen leistungs¬
mäßig selbstverständlich nicht entsprochen haben.

Nach dem Kriege begannen unsere Stadtwerke un¬
ter der Leitung von Generald'irektor Ing. Egger und
Direktor Dipl.-Ing. Croce die lange Kette der Bemü¬
hungen, Wasserkraft für die Stadt nutzbar zu machen,
fortzusetzen.

Im Anschluß an d>as alte Mühlauer Werk wurde
1953 die MehrzweckanlageTrinkWasserwerk und Kraft¬
werk Mühllln in Betrieb genommen. Es war ein zä¬
hes Unterfangen, in diesen mißlichen Zeiten die Fi¬
nanzierung sicherzustellen und die zahlreichen Wider¬
stände zu beseitigen.

1955 wurden alle Entwürfe für den Ausbau der
unteren Sillstufe verglichen, bis im Generalentwurf
195? die optimale Lösung gesehen wurde. Das Er¬
gebnis war vie zur Ausführung gelangte zweistufige
Kraftwerksgruppe m>it einem Zwischenkraftwerk und
dem Hauptkraftmerk. In seiner Sitzung vom 24. Jän¬
ner 1964 faßte der Genwinderat den Vaubeschluß für
dieses Kraftwerk mit einem Aufwand von 350 Mil¬
lionen Schilling. Noch im Mai desselben Jahres —
also gleich nach Beendigung der Olympischen Win¬
terspiele — wurden die Arbeiten begonnen.

Ich möchte Sie nicht mit den technischen Einzelhei¬
ten dieses Kraftwerkes belasten, darüber gibt Ihnen
dio alls Anlaß des heutigen Tages erschienene Fest¬
schrift besser Aufschluß, als ich es vermöchte. Erlau¬
ben Sie aber, daß ich Sie mit den Grundzügen des
Werkes vertraut mache.

Das ^wischenwerk verwertet den Höhenunterschied
zwischen dem Unterwasser des Kraftwerkes Schön¬
berg der Österreächlischen Bundesbahnen und dem Un¬

terwasser des oberen Sillwerkes bei eine Fallhöhe
von 8,19 Meter.

?m Uuterwasserbecken des Zwiischenkraftwerkev ver¬
einigt sich sein Betriebswasser mit jenem des oberen
Sillwerkes. Diese Wässer werden hierauf einem Stol¬
len von 5,66 Kilometer Länge zugeführt. Er besitzt
ein Gefälle von 1 Promille und quert den Sillfluß mit
einer stählernen, auf zwei Vetonpfeilern ruhenden
Rohrbrücke von 91,5 Meter Länge bei einem Innen¬
durchmesser von fast 4 Meter. Er verläuft am rechts¬
ufrigen Hang der Sill und mündet hier oberhalb des
Lemmenhofes in das Speicherbecken mit einem Fas¬
sungsvermögen von zirka 36.000 Kubikmeter. Von die¬
sem Becken führt über das Einlaufbauwerk e<in Drnck-
schacht von 180 Meter Länge zur Maschinenkauerne
des Hauptkraftwerkes. 60 Meter über der Kaverne
liegt das Betriebs- und Wartungsgebäude, welches
mit ihr durch einen Vetriebsschacht verbunden ist.

Die Ausbauleistung der Kraftwerksgruppe beträgt
30.700 KV/, das Arbeitsvermögen im Regeljahr rund
160 Millionen KV/K, wovon 30,8 Prozent auf den
Winter, 17,5 Prozent auf die Mergangsmonate April
und September und 51,7 Prozent auf den Sommer
entfallen.

Mit den bestehenden städtischen Kraftwerken „Obere
Sill" und Mühbwu I, II und III beträgt somit die Ne-
geljahreserzeugung des städtischen Elektrizitätswerkes
293 Millionen KV/K.

Mit dem Ausbau der unteren Sillstufe endet die
kleine Kraftwerkskette an der Till. Zwei dieser Werke
dienen der Stadt. Auch die Vrennerwerke mit den an
der Sill gelegenen städtischen Stromerzeugungslin-
lagen zu vereinen, ist daher kein vermessener Wunsch-
tmum, sondlern ein echtes Anliegen der Stadt.

Wie sin Vermächtnis schreibt Direktor Dipl.-Ing.
Eroce in der Festschrift: „Eine noch größere Bedeu¬
tung wird dem Speicherbecken dann zukommen, wenn
einmal die Wasserkraft des inneren Stubaitales aus¬
gebaut sein wird . . .", also ein Speicherbecken im hin¬
tersten Stubllital! Dies ist energielwirtschaftlich zu
vertreten und würde auch wasserwirtschaftlich dem
entsprechen, was man richtigerweise auch anderwärts
vertritt.

Sicherlich gehört die Kraftwerksgruppe „Untere
Sill" nicht zu den größten und repräsentativsten
Kraftwerksbauten Österreichs. In der kommunalen
Energiewirtschaft ist sie aber ohne Zweifel beispielge¬
bend. Dieses Kraftwerk ist, an der Größe und Finanz¬
traft Innsbrucks gemessen, ein bedeutendes Projekt,
auf das wir mit Recht stolz sein dürfen. Einer ver¬
antwortungsbewußten Gemeindeführung drängt sich
am heutigen Tage unwillkürlich die Frage auf, ob
denn mit dem Bau dieses Kraftwerkes der richtige
Weg beschritten wurde. Ist die bisherige Konzeption,
den Bedarf an elektrischer Energie aus der Wasser¬
kraft zu decken, heute noch richtig und ist die Eigen¬
initiative der Gemeinden angesichts der unbestritte¬
nen Leistungen der großen, um die Energieversorgung
in unserem Lande bemühten Gesellschaften üb e i Inni p!
erfoi-derlich?

Run, ich glaube, disse Fragen können eind^iiii^ be¬
antwortet werden. Mag auch der gewaltige Ninbnich
am Rolienerln'esellor den Wassertraslalisbau man-
chl,'il,n-<5 fraglich erscheinen lassen und mögen mit Recht