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Amtsblatt 1969 Nr. 02_03 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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ti erte Wirtschaft nach wie vor un¬
befriedigende Entwicklungstenden¬
zen aufweist.

Zusätzlich steht auch das erfreu¬
liche kräftige Wachstum in Produk¬
tion und Umsatz leider im Zeichen
steigender Kosten und sinkender
Erträge. Diese nicht am Wachstum
teilnehmenden, sondern rückläufi¬
gen Erträge sind es, die unsere Ein¬
nahmen entscheidend beeinflussen
und dazu führen, daß unsere Ein¬
nahmen zwar zunehmen, aber nicht
in jenem Maße, wie man es bei
einem kräftigen Wirtschaftswachs¬
tum erwarten könnte, und wie es
angesichts des starken Druckes, un¬
ter dem die Stadt seit Jahren von

der Aufgabenseite her steht, not¬
wendig wäre. Die zunehmenden
Lasten, mit denen sich die Stadt
von der Ausgabenseite her ausein¬
andersetzen muß, gehören nämlich
auch in einer Stadt, so wie in je¬
dem Haushalt oder in jedem Wirt¬
schaftsbetrieb, zu jenen entschei¬
denden Faktoren oder Kräften, die
das Budget maßgeblich beeinflus¬
sen. Sie entstehen einmal aus den
zahlreichen rechtlichen Verpflich¬
tungen der Stadt, also aus jenen
Aufgaben, die zwangsläufig zu er¬
ledigen wären, auch wenn die
Stadt nicht wachsen würde. In die¬
sem Bereich wachsen sie analog
der gesamtösterreichischen Ent¬
wicklung stetig an.

Wachsende Stadt erfordert größere Leistungen

Sie wachsen aber durch die stetige
geradezu expiosivartige Auswei¬
tung der Stadt sozusagen in der
zweiten Dimension noch in einem
viel stärkeren Maße.
Zeigt schon ein kurzer Blick auf un¬
sere Bevölkerungsstatistik, daß un¬
sere Stadt an und für sich eine
wachsende Stadt ist, so vermag
man aus der Zuwanderungsrate un¬
schwer abzulesen, daß in den Jah¬
ren seit dem Krieg ein starker Zu¬
zug in die Stadt stattgefunden hat
und auch für die Zukunft mit einem
Anwachsen der Bevölkerungszahl
und damit auch mit einem Anhal¬
ten des Bevölkerungsdruckes auf
die Stadt zu rechnen ist.
Die Schaffung neuer Arbeitsmög¬
lichkeiten im Stadtbereich und der
verständliche Zustrom tausender
Arbeitnehmer aus dem Kreise der
Pendler in die Stadt selbst haben
gerade in den letzten Jahren zu
einer Ausweitung des Stadtgebie¬
tes weit über die seinerzeitigen
Grenzen der Verbauungspläne hin¬
aus und innerhalb von wenigen
Jahren zum Entstehen neuer Stadt¬
viertel im Osten, im Südosten und
im Westen unseres Bereichs ge¬
führt.

Hat schon die Aufschließung die¬
ser neuen Wohnviertel und die
Förderung des Wohnbaues dort
selbst bedeutende Mittel erfordert,
so bedarf es weiterer Großinvesti¬
tionen und des Einsatzes erheb¬
licher finanzieller Mittel hiezu, um
in diesen Wohnvierteln alle jene
Einrichtungen zu schaffen, die in
Form von Kindergärten, Kinderhor¬
ten, Volks- und Hauptschulen und
sonstigen Einrichtungen notwendig
sind.

Leider wachsen nun bei den auf¬
gezeigten Komponenten des Be¬
darfes die Kosten und die Einnah¬
men nicht im gleichem Verhältnis;
die Kosten wachsen in manchen
Bereichen progressiv, während die
Einnahmen, wie bereits angedeu¬
tet, nur eine bescheidene lineare
Entwicklung nach oben aufweisen.
Am besten zeigt sich diese Tendenz
in einem Vergleich der Entwicklung
der eigenen Steuern im Gegensatz
zur Entwicklung der Personalaus¬
gaben :

Während noch im Jahre 1964 die
eigenen Steuern die Personalaus¬
gaben und 90% der Landesumlage
überdeckten, waren bereits im
Jahre 1965 die Personalausgaben
allein etwas höher als die eigenen
Steuern. Im Jahre 1969 werden die
Personalausgaben schon um 20%
höher präliminiert als die eigenen
Steuern.

Die Stadt gerät also durch den zu¬

nehmenden Druck auf der Aus¬
gabenseife, dem eine Entwicklung
auf der Einnahmenseite gegenüber¬
steht, die den wachsenden Ausga¬
ben gegenüber nicht Schritt hält,
in einen Zustand, den der Finanz¬
referent unserer Partnerstadt Frei¬
burg sehr treffend jüngst als „das
stabile Ungleichgewicht" bezeich¬
net hat. Ich habe es im Vorjahr mit
einem in der Wirtschaft gebräuch¬
lichen Ausdruck als „Preis-Kosten-
Schere" bezeichnet.

Dieser Zustand führt, da der über¬
wiegende Teil der Ausgaben im
ordentlichen Haushalt fix ist, dazu,
daß die Bewegungsfreiheit im Bud¬
get immer enger wird.

Aus den Budgetdebatten der letz¬
ten Wochen und den darüber er¬
schienenen Berichten war zu entneh¬
men, daß diese Entwicklung nicht
nur längst bei allen österreichi¬
schen Städten Eingang gefunden,
sondern auch zum Teil bei den
großen Städten des benachbarten
Auslandes Platz gegriffen hat.

Der letzte Finanzausgleich hätte,
wenn er seinem Namen gerecht
hätte werden sollen, dafür zu sor¬
gen gehabt, daß dieser zuneh¬
menden Manövrierunfähigkeit und
Aushöhlung der Gemeinden durch
entsprechend stärkere Zuweisun¬
gen aus gemeinsamen Abgaben
Einhalt geboten wird. Daß dem
nicht so ist und meine schon im
letzten Jahr geäußerte Vermutung,
daß durch den Finanzausgleich
eine weitere Umschichtung der
Staatsfinanzen zugunsten der Län¬
der und des Bundes und zum Nach¬
teil der Gemeinden stattgefunden
hat, beweist mir u. a. ein Vergleich
der Einnahmenentwicklung unserer
Stadt mit jener des Landes:

Folgenschwere Zurücksetzung der Gemeinden

Die Einnahmen der Stadt aus der
Gewerbesteuer sowie aus Ertrags¬
anteilen betrugen im Jahre 1963
rund 119 Millionen Schilling und
im Jahre 1967 rund 173,6 Millio¬
nen; jene des Landes aus Steuern
und steuerlichen Einnahmen im
Jahre 1963 rund 448,4 Millionen
und 1967 rund 760,4 Millionen
Schilling. Diesem Vergleich sind
bewußt jene Steuern oder steuer¬
ähnlichen Abgaben zugrundege¬
legt, die den Finanzausgleich bei
beiden umfassen.

Die Einnahmen der Stadt stiegen
also von 1963 bis 1967 um 46,1%,
jene des Landes aber um 69,5% an.

Von 1966 auf 1967 stiegen unsere
Einnahmen nur um 3,3%, jene des
Landes hingegen um über das
Vierfache, nämlich um 13,6% an.
Ich übersehe — ■ um an dieser
Stelle meiner Beweisführung Mi߬
verständnisse auszuschalten — kei¬
nesfalls die großen Aufgaben, de¬
nen sich unser Land Tirol gegen¬
übersieht, und die gewaltigen Vor¬
haben, die gerade in den letzten
Jahren durch das Land und auch
durch den Bund, sei es nun auf
dem Sektor des Straßenbaues, des
Bildungswesens oder der Vorsorge
für erkrankte Mitbürger, auch zum
Wohle der Stadt und der Gemein-

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