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Amtsblatt 1970 Nr. 01 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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AMTS CT] BLATT

DER LANDESHAUPTSTADT INNSBRUCK

Nummer 1

33. Jahrgang

Jam

1970

Zur Geschichte des Stadtwappens

Vom Vorstand des Stadtarchivs Dr. Franz-Heinz Hye

Während es heute üblich ist, daß
Gemeindewappen von der Behörde
durch feierliche Urkunde verliehen
werden, verhielt sich dies im Mit¬
telalter durchaus nicht so. Vielmehr
treten uns die Wappenzeichen nicht
nur der Gemeinden, sondern auch
jene von Familien und anderen
Rechtspersönlichkeiten meist unver¬
mittelt in Form eines Siegels, Grab¬
steins oder in einem anderen Werk
der darstellenden Kunst entgegen.
Letzteres gilt auch vom Wappen
der Stadt Innsbruck.

Nachdem unsere Stadtgründer, die
Grafen von Andechs, im Jahre
1180, um ihren linksseitigen Markt¬
ort über die Brücke an das ■süd¬
seitige Ufer („forum nostrum trans
pontem poneremus") verlegen zu
können, vom Kloster Wilten den
Grund rechts des Inn erworben ha¬
ben, finden wir für diese systema¬
tisch angelegte, rechtsseitige Neu¬
siedlung bereits in einer sieben
Jahre später ausgestellten Urkunde
erstmals den Namen „Jnsbruk". Die
Brücke, die bei der Geburt unserer
Stadt Pate stand, gab ihr also ihren
Namen, doch nicht nur das, sie gab
ihr auch das Wappenzeichen: d i e
Brücke. Im Innsbrucker Stadt¬
rechtsprivileg von 1239 wird das
Stadtwappen - - wie nicht anders zu
erwarten — nicht erwähnt. Es be¬
gegnet 'uns erstmals auf dem älte¬
sten bekannten Siegel der Stadt
Innsbruck an einer Urkunde von
1267 (Abb. 1). Ganz abgesehen da¬
von, daßdie hier als Stadtwappen in
der Draufsicht dargestellte Brücke
drei Pfeiler, beiderseits zugespitzt,
aufweist, fällt hier besonders auf,
daß die Brücke im Wappen senk¬
recht und nicht waagrecht verläuft.
Diese Darstellungsweise gibt zu
denken. Die Erklärung dafür ist je¬
doch völlig klar: Die im ersten
Jahrhundert nach der Gründung

Abb. 1: Ältestes Innsbrucker Stadtsiegel (1267) mit senkrecht verlaufender Im
wend, Innsbruck in Farben, 1969. Mit Genehmigung des Tyrolia-Verlagos)

(Aus g . Sonne-

Innsbrucks lebenden Bürger hatten
noch eine echte, persönliche und
lebensnahe Verbindung zur Brücke.
Wenn sie an die Brücke dachten
und sie abbildeten, so sahen sie
dieselbe natürlich im Sinne des
Darübergehens gerade vor sich
und nicht als quergestellten, ab¬
strakt-heraldischen Begriff. Dem¬
entsprechend verlaufen die auf die¬
sem Siegel unter der Innbrücke an¬
gedeuteten Flußwellen in konse¬
quenter Weise im rechten Winkel
zur Brücke; — man sieht hier ge¬
radezu, wie das Wasser unter der
Brücke durchfließt.

Allerdings haben sich die Innsbruk-
ker schon frühzeitig — etwa ab
1325 von dieser wirklich reali¬
stischen Wappenform gelöst und
die Brücke im Stadtwappen, nun¬
mehr mit zwei Pfeilern, waagrecht
verlaufend dargestellt. Widersinnig
daran aber war, daß man nun zwar
die Brücke, nicht aber auch die
Flußwellen um neunzig Grad ge¬
dreht hat, wodurch sowohl auf dem
von 1325 bis 1501 verwendeten klei¬
neren Stadtsiegel (Abb. 2), wie auch
auf dem etwa um dieselbe Zeit be¬
nützten kleinen Kontrasigillum der
Inn parallel zur Brücke bzw. gegen