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Amtsblatt 1971 Nr. 01 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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DER LANDES HAU P T 5 T A DT INNSBRUCK

Nummer 1 34. Jahrgang Jänner 1971

Die Wohlfahrtspflege der Stadtgemeinde

Der wachsende Lebensstandard
unserer Bevölkerung könnte zu¬
nächst die Vermutung hochkom¬
men lassen, die öffentliche Wohl¬
fahrtspflege sei heute nicht mehr
in dem Maße aktuell, als sie es
früher war. Wer jedoch in den Tä¬
tigkeitsbereich des städtischen
Jugend-, Vormundschafts- und Für¬
sorgeamtes Einblick nimmt, wird
sich sehr rasch davon überzeugen,
daß sich vielleicht die Akzente et¬
was verschoben, Aktualität und
Notwendigkeit öffentlicher Fürsor¬
gearbeit jedoch in keiner Weise
vermindert haben.

in der sogenannten offenen Für¬
sorge, die alle jene wirtschaftlichen,
der Gesundheit oder auch der Er¬
ziehung dienenden Leistungen er¬
faßt, die außerhalb einer Anstalt
gewährt werden, setzt die Stadt¬
gemeinde beachtliche Anstrengun¬
gen. So wurden beispielsweise im
Rechnungsjahr 1969 für 1063 unter¬
stützte Personen Barleistungen
im Ausmaß von rund 3,5 Millionen
Schilling erbracht. Für die Unter¬
bringung von 133 Kindern in pri¬

vate Pflegeplätze wurden mehr als
S 900.000.- aufgewendet. Weitere
Aufwendungen betrafen den Land¬
aufenthalt von 46 befürsorgten be¬
tagten Frauen in Mariastein, die
Ausgabe von Fahrkarten an Hilfs¬
bedürftige oder Unterstützungen
für Arzt- und Medikamentenkosten,
für Brennmaterial, Kleidung, Le¬
bensmittel, Darlehen u. a., so daß
den von der öffentlichen Fürsorge
Unterstützten insgesamt mehr als
5,5 Millionen Schilling zukamen.

Für die dauernde oder zeitweilige
Unterbringung hilfsbedürftiger Per¬
sonen in Krankenhäusern, Alters¬
heimen, Pflegeanstalten oder Kin¬
der- und Jugendheimen wurden
von der Stadtgemeinde im Rahmen
der sogenannten geschlossenen
Fürsorge rund 4,5 Millionen Schil¬
ling an nicht stadteigene Anstalten
und rund 3 Millionen Schilling im
Rahmen der Anstalten der Stadtge¬
meinde Innsbruck (Altersheim Sag¬
gen, Altersheim Hötting, Innsbruk-
ker Wohnheim, Pflegeanstalt, Kin¬
derheim Mariahilf, Kinderheim
Pechegarten und Jugendheimstätte

Westendorf) ausgegeben, wovon
der Stadtgemeinde nach verschie¬
denen Rückvergütungen ein tat¬
sächlicher Aufwand von etwa 6,5
Millionen Schilling verblieb. In der
städtischen Herberge, die der vor¬
übergehenden Unterbringung ob¬
dachloser, hilfsbedürftiger Person¬
nen dient, waren für das Jahr 1969
insgesamt 24.300 Nächtigungen zu
verzeichnen.

Es versteht sich, daß bei allen die¬
sen Leistungen auch Erhebungen
hinsichtlich der tatsächlichen Hilfs¬
bedürftigkeit der unterstützten Per¬
sonen angestellt werden, um
öffentliche Mittel nur dann einzu¬
setzen, wenn tatsächlich keine an¬
dere Möglichkeit besteht — sei es
durch eigene Arbeit des Befürsorg¬
ten, sei es durch unterhaltspflich¬
tige Angehörige — Abhilfe zu
schaffen. Andererseits wurde alles
getan, um das eindeutig überholte
Odium einer Armenpflege, die den
Unterstützten als Bittsteller oder
Almosenempfänger erscheinen
läßt, abzubauen und dem Grund¬
satz Rechnung zu tragen, daß jeder
hilfebedürtig gewordene Staatsbür¬
ger auf die individuell gestaltete,
öffentliche Hilfe einen Rechtsan¬
spruch hat.

Ein besonderes Augenmerk der
öffentlichen Wohlfahrtspflege wird
jenen vom Jugend- und Vormund¬
schaftsamt wahrgenommenen Für¬
sorgemaßnahmen zugewendet, die
sich zur körperlichen, geistigen,
seelischen und sittlichen Entwick¬
lung Minderjähriger als notwendig
erweisen. Die Anfänge dieser Be¬
treuung werden mit der Befürsor-
gung von Schwangeren, Wöchne¬
rinnen, Säuglingen und Kleinkin¬
dern gesetzt, die überwiegend vom
städtischen Gesundheitsamt wahr¬
genommen wird. Dem Jugendamt
fällt es zu, die Übernahme eines

Das derzeit markanteste Bauwerk, das von der Stadtgemeinde im Rahmen der öffentlichen
Wohlfahrtspflege errichtet wird, sind die drei Wohnblöcke des in Hötting entstehenden Heimes
für betagte Mitbürger. (Foto: Birbaumer)