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Amtsblatt 1971 Nr. 04 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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AMTS C3 BLATT

DER LAN DESHAUPTSTADT IN N SBRUC K

Nummer 4

34. Jahrgang

April 1971

25 Jahre demokratischer Gemeinderat

Von Archivdirektor Dr. Franz-Heinz Hye

Wenn mit den folgenden Ausfüh¬
rungen an ein stadtgeschichtlich
wahrhaft denkwürdiges Ereignis
erinnert wird, so geschieht dies
nicht der „Jubiläumsfeier" wegen,
sondern um ein echtes Gedenken
anzuregen, ein Nacherleben jener
Wertschätzung der demokratischen
Ordnung, von welcher die Frauen
und Männer erfüllt waren, die nach
langen Jahren einer autoritären
Staats- und Gemeindeführung an
die Wiederaufrichtung der alten
demokratischen Verfassung ge¬
schritten sind.

Die gesetzliche Grundlage für die
Konstituierung des Innsbrucker
Gemeinderates bildete das am 9.
März 1921 vom verfassungsgeben¬
den Tiroler Landtag beschlossene
„Gemeindestatut für die Landes¬
hauptstadt Innsbruck", bzw. die in
vollem Umfang als § 12 einen inte¬
grierenden Bestandteil dieses Sta¬
tutes bildende „Gemeindewahlord¬

nung für die Landeshauptstadt
Innsbruck" vom 4. Juni 1919 (Lan¬
desgesetzblatt 1919, Nr. 37 und
1921, Nr. 30).

Gemäß diesem Gemeindestatut
schritten die Bürger Innsbrucks je¬
doch nur in den Jahren 1919—1933
alle zwei Jahre zur Wahl bzw. Er¬
gänzungswahl ihrer insgesamt vier¬
zig Mitglieder zählenden Stadtver¬
tretung, — zum letzten Male am
23. April 1933.

Der im Jahr 1934 vollzogene Wan¬
del der Bundesverfassung, wonach
Österreich zu einem nach autori¬
tärem Prinzip regierten Stände¬
staat verändert wurde, brachte
auch für Innsbruck das Ende seiner
demokratischen Stadtverfassung.
An ihre Stelle trat mit Landtags¬
beschluß vom 10. Juli 1935 (Lan¬
desgesetzblatt 1935, Nr. 35) das
sogenannte „Stadtrecht der Lan¬
deshauptstadt Innsbruck". Dieses
„Stadtrecht" genannte Gemeinde-

Bürgermeister Dr. Anton Melzer (1945-1951). Nach einem Porträt von Walter Honeder, 1950,
im Stadtarchiv. (Foto: M. Hye)

Statut legte das Gemeinderegiment
in die Hände eines von den Be¬
rufsständen ausschließlich aus den
Reihen der „vaterländischen Front"
auf vier Jahre gewählten 28 Mitglie¬
der zählenden „Gemeindetages",
dem u. a. die Wahl des Bürger¬
meisters und über dessen Vor¬
schlag die Wahl eines Bürgermei¬
ster-Stellvertreters oblag. Da sich
jedoch die Organisierung der Be¬
rufsstände verzögerte, wurden die
ersten Mitglieder des am 3. Okto¬
ber 1935 zu seiner Konstituierung
zusammengetretenen Gemeinde¬
tages vom Landeshauptmann er¬
nannt. Lediglich der Bürgermeister,
Franz Fischer, zugleich der letzte
demokratisch durch den Gemeinde¬
rat 1929 und 1933 erwählte Bürger¬
meister, wurde bei der konstituie¬
renden Sitzung am 3. Oktober 1935
gemäß den Bestimmungen des
„Stadtrechtes" gewählt. Zu einer
Wahl der Gemeindetagsmitglieder
ist es nicht mehr gekommen.

Daß eine solche Wahl jedoch wirk¬
lich angestrebt worden ist, kann —
abgesehen vom Wortlaut des
„Stadtrechts" — auch der anlä߬
lich der Gemeindetagskonstituie¬
rung gehaltenen Ansprache des
damaligen Landeshauptmannes
Dr. Josef Schumacher entnommen
werden, worin er u. a. ausführte:
„Es wird die Zeit kommen, und
hoffen wir, daß es nicht mehr lange
dauert, dann wird der Gemeindetag
nicht bestellt, sondern gewählt, und
zwar nach den Grundsätzen der
ständischen Verfassung." Die wei¬
tere Entwicklung und vor allem die
Ereignisse des März 1938 ließen es
allerdings nicht mehr zur Abhal¬
tung von Gemeindetagswahlen, die
bei einer Funktionsperiode von vier
Jahren in das Jahr 1939 gefallen
wären, kommen.