/ 20 pages
Amtsblatt 1975 Nr. 01 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
Search


würde, die in den vergangenen Jah¬
ren stets erwirtschaftet werden
konnten.

Bei den vielfältigen Überlegungen

zur Erstellung des Budgets zeigte
sich wieder einmal das nahezu un¬
lösbare Problem der Überforderung
der Gemeinden.

Überforderung der Gemeinden

Stadtrat Dr. Seykora präzisiert
dazu: „Auf der einen Seite wächst
der Anforderungskatalog an die
Stadt seit dem Übergang von
Ordnungs- in die Daseinsvor¬
sorge von Tag zu Tag — mit
steigendem Wohlstand eher pro¬
gressiv wie linear. Kein Bereich
kommt dabei zu kurz — alle Lei¬
stungen sind selbstverständlich.
Daß jede Leistung auch eine Gren¬
ze haben könnte, wird leider oft
nicht beachtet. Die Stadt wird dabei
zum Dienstleistungs-Großunterneh¬
men, dem man gerne bescheinigt,
daß es prompt und präzise arbei¬
tet".

Die Stadt aber werde als Dienstlei¬
stungs-Großunternehmen zwangs¬
läufig auch zum großen Auftragge¬
ber, da sich viele Anforderungen
erst durch bedeutende Investitionen
verwirklichen ließen. Da die laufen¬
den Einnahmen aber in zunehmen¬
dem Maße kaum mehr Reserven
zur Eigenfinanzierung ermöglichten,
müßten diese Investitionen mit
Fremdmitteln finanziert werden, was
in Zeiten steigender Kreditkosten,
wie im gegenständlichen Falle von
einem Jahr auf das andere 40 Mil¬
lionen Mehrkosten bei bestehenden
Verpflichtungen und einen rasanten
Ruck nach oben in den Schulden
mit sich brächte. Schließlich werde
dann der Dienstleistungs-Großun¬
ternehmer durch den Betrieb der
Einrichtungen noch weiterhin durch
Folgekosten in Anspruch genom¬
men. Hätte es früher zwischen Auf¬
wand und Einnahmen noch ein sta¬
biles Ungleichgewicht gegeben, so
sei seit dem Vorjahr ein gefährli¬
ches Übergewicht eingetreten.
Bei seinen weiteren Ausführungen
betonte Stadtrat Dr. Seykora, daß
bei einer Ausgabenzunahme von
34 % und einer Einnahmenzunahme
von nur 10,4% gegenüber dem
Vorjahr das Instrument drastischer
Kürzungen einen gerade noch ver¬
tretbaren Abgang von 58 Millionen
erwirken konnte. Doch könne sich
diese Grenze rasch verschieben,
falls sich die Einnahmen nicht er¬
wartungsgemäß entwickelten.
„Eine Entschärfung dieses Pro¬
blems", so Stadtrat Dr. Seykora,
„und eine Lockerung dieses Wür¬
gegriffes ist also ein Gebot der

Stunde. Die Initiativen liegen eben¬
so beim Bund und Land in der Ent¬
lastung der Stadt und in der Ver¬
besserung ihrer liquiden Mittel und
zumindest zum gleichen Teil bei
uns selbst in der Senkung des Auf¬
wandes. Schon eine grobe Ana¬
lyse des Aufwandes, den hier das
Budget im Detail aufweist, zeigt
in seiner Struktur ein überdimensio¬
nales Anwachsen in einzelnen Be¬
reichen, auf das wir nicht einwir¬
ken können, und andererseits auch
jene Bereiche, in denen wir zu einer
fühlbaren Verringerung der Bela¬
stung den Hebel in der Hand ha¬
ben.

Personal- und Sachaufwand haben
die noch nie dagewesene Höhe
von 1,095,7 Milliarden Schilling
erreicht. Sie umfassen 98,5% des
Budge's, womit klar auf der Hand
liegt, daß der Ermessensspielraum
auf ein Minimum gesunken ist. Las¬
sen Sie mich mit dem größeren Teil,
mit dem Sachaufwand, beginnen.
Mit 653,5 Millionen Schilling sind
in ihm 60% des Budgetvolumens
vereinigt. Im Vorjahr waren es
55,6%. Seine größte und dominie-
rendste Post ist der Schuldendienst
mit 205,7 Millionen Schilling, auf
den damit 19,1 % der Gesamtaus¬
gaben entfallen. Diese Post schlägt
sich in weit höherem Ausmaß zu
Buch, weil wir eine Fülle kommu¬
naler Großbauvorhaben mit einem
über Nacht viel teueren Geld in
einer inflationistischen Kostenent¬
wicklung in Vorfinanzierung ver¬
wirklichen müssen."

Die Ausgaben : Stadtfinanzen im Würgegriff

In diesem Zusammenhang nannte
Stadtrat Dr. Seykora die Durchfüh¬
rung der Olympischen Spiele, die
mit ihrem großen Investitionskata¬
log — Bau von nahezu 1000 Wohn¬
einheiten, von Straßen, Brücken,
Schulen, Hallenbad — in viel kür¬
zerer Zeit finanziert werden müs¬
sen, als es bisher der Fall war. Der
Bund habe dazu auf den Weg der
Anleihe verwiesen, weil er nicht
bereit war, Darlehen, die man bil¬
liger in ausreichender Größe und
mit tilgungsfreier Zeit erhalten
hätte, aus dem Kreditplafond aus¬
zunehmen. Zumindest aber sei eine
Entlastung von der Verpflichtung
zur Vorfinanzierung des Olympi¬
schen Dorfes, das im Rahmen der
Wohnbauförderung errichtet werde,
geboten und angesichts der Ver¬
teuerung des Kapitals auch keine
unbillige Forderung.
„Außerhalb des Schuldendienstes",
sagte Stadtrat Dr. Seykora, „ver¬
bleiben also noch zwei Drittel des
Sachaufwandes. Sie sind, mit Aus¬
nahme weniger großer Posten —
wie etwa unser Beitrag für den Ab¬
gang des Landeskrankenhauses,
der nunmehr auf nahezu 60 Millio¬
nen Schilling gestiegen ist; der
Landesumlage mit 53 Millionen
Schilling; oder unser Beitrag für
den Bau von Berufsschulen in Höhe
von 5 Millionen Schilling, der So¬
zialhilfebeitrag mit 16,9 Millionen
Schilling — eine Ansammlung
kleinerer Posten. Ihre Bewältigung
erfordert aber ebenso ein kompro¬

mißloses Abschiednehmen von lieb¬
gewordenen Gewohnheiten wie Mut
zu unpopulären Maßnahmen. Eine
differenzierte Behandlung — aber
eine einheitliche Auffassung der
Vorgangsweise und der Willensbil¬
dung von Gesetzgebung und Voll¬
ziehung, von Mandatar und Beam¬
tenschaft. Dies gilt im übertragenen
Sinn auch für die Personalausga¬
ben bei aller Respektierung wohl¬
erworbener Rechte. Unser Perso¬
nalaufwand umfaßt 37,7 % des Bud¬
gets oder 406 Millionen Schilling.
Er ist um 16,6% höher angesetzt
als im Vorjahr." Zur Bewältigung
der Arbeitszeitverkürzung von der
42- auf die 40-Stunden-Woche seien
noch zusätzliche Reserven zu mo¬
bilisieren, die durch Neuverteilung
von Aufgabenbereichen, durch Neu¬
organisation im Magistrat, durch
Umschichtung von Arbeitskräften,
Anpassung an geänderte Anforde¬
rungen bzw. durch eine echte Re¬
form im Gesetzes- und Verwal¬
tungsbereich erreicht werden könn¬
ten.

Die Entwicklung des letzten Jah¬
res hat die Absicht, ein ausgegli¬
chenes Budget zu erstellen, zu¬
nichte gemacht. Das vorliegende
Budget trage, so Stadtrat Dr. Sey¬
kora, die Lasten eines Bündels an
Großinvestitionen im ordentlichen
Haushalt und biete daneben noch
Platz für einmalige Ausgaben in
Höhe von 15 Millionen Schilling.
Die großen Leistungen aber stün¬
den im Kapitel B" des außeror-

3