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Innsbruck 1976 Nr. 08 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Sind Stadtwerke finanzierbar?

Hohe Investitionsausgaben — Dilemma zwischen Kostendeckung und sozialem Preis

(Fr) Der Bericht des Finanzkontrollausschusses zur Jahresrechnung
1974 der Innsbrucker Stadtwerke und die daran anschließende De¬
batte im Gemeinderat haben es deutlich gemacht: die Finanzierung
der Versorgungs- und Wirtschaftsbetriebe, die als Unternehmen der
Stadt einen eigenen und von der Hoheitsverwaltung unabhängigen
Wirtschaftskörper bilden, wird zunehmend schwieriger. Sie stecken
in der Kosten-Ertrags-Schere, die durch Tarifpolitik allein nicht mehr
zu schließen ist.

Die Innsbrucker Stadtwerke be¬
liefern die Bevölkerung mit elek¬
trischem Strom, mit Wasser und
Gas. Sie betreiben zudem das
Hallenbad an der Sillbrücke, die
Nordkettenbahn und die Mutte-
reralmbahn, sind also, wenn man
so will, auch im Freizeitangebot
tätig und waren dies bereits,
als es in Tirol noch nicht über
800 Seilbahnen und Lifte und
beinahe 200 öffentliche und pri¬
vate Hallenbäder gab. Sie wa¬
ren darin also Pioniere und hat¬
ten Konkurrenz nicht zu fürch¬
ten. Typisches Beispiel dafür die
Nordkettenbahn, einst eine tech¬
nische Großtat zur Erschließung
einer grandiosen Alpenwelt,
heute schärfstens konkurrenziert
und in ihren Frequenzzahlen
stagnierend oder gar sinkend.
Ein Betrieb also, der von der

Entwicklung eingeholt und über¬
rundet wurde, der aber zweifel¬
los weiterhin angeboten werden
muß, auch wenn er seine Ko¬
sten durch die Einnahmen kaum
ausgleichen kann.
Und dies ist ein Kernproblem
der Stadtwerke: Leistungen er¬
bringen zu einem möglichst ko¬
stendeckenden Preis, ja selbst
Gewinn ist anzustreben, um die
notwendigen und immer teurer
werdenden Investitionen durch¬
führen zu können. Andererseits
aber sind Stadtwerke im Gegen¬
satz zu einem Privatbetrieb, der
stets durch seine Preise oder
Tarife auf seine Kosten kommen
muß, gerade deshalb gegründet
worden, um auch die soziale
Komponente bei der Tarif- und
Preisgestaltung im Auge behal¬
ten zu können. Strom, Wasser

und Gas etwa sollen nicht so viel
kosten, daß es sich niemand
mehr leisten kann, ein Bad im
Hallenbad soll erschwinglich
bleiben und müßte doch, sollte
es kostendeckend sein, um nicht
weniger als 300 Prozent im Preis
erhöht werden.

Die Stadtwerke stehen also vor
dem Dilemma: das, was es ef¬
fektiv kostet, darf dem Konsu¬
menten nicht verrechnet werden,
andererseits ist Kostendeckung
ein wirtschaftliches Prinzip, dem
auch die Stadtwerke unterliegen.
Dabei wird auch von anderer
Seite, nämlich durch die Tarif¬
hoheit des Bundes, dem Streben
nach annähernd kostendecken¬
den Tarifen Grenzen gesetzt.
Tariferhöhungen müssen nach
bestimmten Schemen kalkuliert
werden und sind beim zuständi¬
gen Ministerium zu beantragen.
Auch hier aber wird meist jener
politische Abstrich gemacht, der
den neuen Tarif zumeist wieder
von der Kostendeckung entfernt.

Woher aber kommt das Geld,
mit dem die Stadtwerke ihre in
den letzten Jahren durch große

Investitionen (Gaswerk, Wasser¬
hochbehälter Arzl, Grundwas¬
serfeld Höttinger Au, Umspann¬
werk Thaur) zusätzlich gesteiger¬
ten Abgänge ausgleichen? Es
kommt aus dem Budget der Ho¬
heitsverwaltung, was wiederum
bedeutet, daß die unabhängigen
Stadtwerke doch abhängig sind.
Auch hier also ein Dilemma,
dem man möglicherwesie, wie in
verschiedenen Gemeinderatssit¬
zungen bereits angeklungen, or¬
ganisatorisch und betriebsrecht¬
lich entkommen kann.

Als Faktum aber bleibt beste¬
hen, daß bei den Stadtwerken
im Jahr 1974 nur mehr das Was¬
serwerk mit Gewinn gearbeitet
hat und die Gestion der Elek¬
trizitätswerke ebenfalls einen
geringen Gewinn erbrachte.
Rechnet man diese Gewinne
aber von den Verlusten der üb¬
rigen Betriebe ab, so verbleibt
ein Gesamtverlust von 87,4 Mill.
Schilling. Sicherlich zuviel, um in
derselben Höhe dem Budget
der Hoheitsverwaltung auf die
Dauer zumutbar zu sein.

Außer Frage dürfte dabei ste¬
hen, daß die klaglose Versor¬
gung durch die Stadtwerke stets
gegeben war und ist, daß all
das, was die Stadtwerke perso¬
nell betrifft, zu eben dieser Ver¬
sorgung und zur Vorsorge auch
für die Zukunft notwendig ist.
Außer Frage wohl auch, daß die
Stadtwerke für tragbare und
konsumentenfreundliche Tarife
geradestehen. Außer Frage aber
steht doch auch, daß die Stadt¬
werke nicht einer Sanierung be¬
dürfen, sondern daß die Ertrags¬
lage zu verbessern ist, um wie¬
der in jene Zonen zu gelangen,
in denen ertragsmäßig vertret¬
bar gearbeitet werden kann.

Und dazu sind auch bereits An¬
satzpunkte gegeben worden in
etlichen Grundsatzerklärungen
von führenden Gemeinderäten
aus Anlaß von Debatten, welche
die Stadtwerke betrafen. Drei
Punkte können hier vielleicht
schon herausgegriffen werden,
die eine neue, bessere Situation
bedingen könnten. Nämlich eine
zumutbare Tarifpolitik, welche
nicht sprunghaft nach jahrelan¬
gem Stillhalten, sondern schritt¬
weise im Einklang mit den Er¬
fordernissen die Angleichungen
vollzieht. Ein Ausschöpfen al¬
ler Rationalisierungsmöglichkei¬
ten in den stadtwerkeeigenen
Betrieben, wozu bereits Gutach¬
ten in Auftrag gegeben sind.
Und letztlich ein überdenken der
betriebsrechtlichen Stellung der
Stadtwerke selbst.

INNSBRUCK - Offizielles Mitteilungs¬
blatt der Landeshauptstadt. Herausgeber,
Eigentümer und Verleger: Die Stadt¬
gemeinde Innsbruck. Chefredakteur und
für den Inhalt verantwortlich: Paul
Gruber; in der Redaktion: Ulla Thien
und Dr. Walter Frenzel. Alle Innsbruck,
Rathaus, Maria-Theresien-Straße 18.
Druck: Verlagsanstalf Tyrolio, Innsbruck,
Exlgasse 20.

Sdxulunterricht trotz Sdndferien und Sdiüler, die eifrig und mit großer Begeisterung bei der Sadie sind, dieses
ungewölmlidie Geschehen spielte sidi in den vergangenen drei Wodien im Sdiwimmbad Tivoli und im Bad
des Jugendhortes Kaysergarten ab. Die „Mustersdiüler" widmeten sich nur einem Fach, nämlich dem Sdiwim-
men. Zum 25. Mal führte die Stadtgemeinde heuer ihren Schwimmkurs durch, der allen Sdiülern der dritten
und der vierten Volkssdiulklassen die Möglidikeit bietet, kostenlos und unter Anleitung qualifizierter
Kräfte die wohl gesündeste aller Sportarten zu erlernen. Rund 300 Neun- und Zehnjährige machten, sofern es
nicht gerade in Strömen regnete, von diesem Angebot Gebrauch und ließen sidi von 15 Schwimmlehrerinnen
und -lehr ern, anfangs unterstützt von Schwimmbrettern und -flügeln, in die Geheimnisse" dieser Sportart
einführen. Je nadi Vorkenntnissen konnte die Sdiioimmprüfung sdion nach einigen Tagen oder einer Woche
abgelegt werden, worauf die schwimmkundigen Sdiüler in Ehren entlassen wurden. Bei der Prüfung wurde ein
Sprung vom Ein-Meter-Brett und das Durchschwimmen von 50 Metern verlangt. Wer es heuer wegen der vie¬
len Regentage nicht ganz schaffte, darf im nächsten Jahr wiederkommen. Seit Einführung dieses Kurses vor
25 Jahren haben rund 8000 Volksschüler das Schwimmen auf diese Art erlernt. Die Stadtgemeinde, die gerne
in jedem Volksschüler auch einen Sdiwimmer sehen xvürde, kam auch in diesem Jahr für die Kosten von rund
50.000 Schilling auf. ( Foto . Murauer)

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