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Innsbrucker Stadtnachrichten 1984 Nr. 10 - Stadtnachrichten - offizi...
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Liebe Mitbürger!

Reiner Boden, klares Was¬
ser, saubere Luft sind die Ba¬
sis für einen gesunden Le¬
bensraum. Wir müssen diese
Elemente bewahren, um
auch morgen noch leben zu
können. Innsbruck ist ein
besonderes Juwel, das eines
verläßlichen Schutzes für
seine Umwelt bedarf. Abfäl¬
le sind ein unvermeidliches
Übel. Doch gibt es soge¬
nannte Problemstoffe, die
aufgrund ihrer Gefährlich¬
keit nicht in den Hausmüll
gehören. Andere wieder
sind zu wertvoll, um auf der
Mülldeponie zu landen, und
könnten im Sinne einer
Schonung unserer Reserven
einer sinnvollen Wiederver¬
wertung zugeführt werden.
Erstmals in Österreich wur¬
de in Innsbruck zu Jahresbe¬
ginn eine groß angelegte
Giftmüllsammlung durch¬
geführt. Es gibt Textil-, Alt¬
papier- und Altglassamm¬
lungen, es gibt Aktionen zur
Beseitigung alten Öls, von
Autowracks sowie von
Sperrmüll. Als weiterer
Schritt ist es nun der Lan¬
desregierung gelungen, eine
fast flächendeckende Alt¬
batteriesammlung für das
ganze Land Tirol aufzu¬
bauen. Allein in Innsbruck
sind 140 Sammelstellen ein¬
gerichtet.

Meine Bitte: Wenden Sie
sich ab vom gedankenlosen
Wegwerfen. Unsere Stadt
braucht das wache Umwelt¬
bewußtsein ihrer Bürger.

Baumchirurgie erstmals praktiziert

Für Innsbruck neues Verfahren zur Rettung von 25 gefährdeten Bäumen

( Ih) Das Bemühen der Stadtgemeinde, die Zahl der Grünanla¬
gen im Stadtgebiet im Interesse der Lebensqualität zu vermeh¬
ren, führt nicht nur zu einer Vielzahl von Baiimneupflanzungen,
sondern seit diesem Herbst auch zur chirurgischen Behandlung
alter, erhaltenswerter Bäume, wie es i. B. Naturdenkmäler oder
historisch bedeutsame Alleen sind.

Das für Innsbruck neue Verfah¬
ren wurde in den letzten Sep¬
temberwochen von einer Wie¬
ner Firma an 25 Kastanienbäu¬
men am Rennweg und in der
König- Laurin- Allee angewen¬
det. Die Methode selbst stammt
aus den Vereinigten Staaten,
bisher wurde sie innerhalb
Österreichs nur in Wien er¬
probt.

Die alten Bäume im Stadtge¬
biet sind heute nicht nur durch
die Umwelt, die Luft, den Ver¬
kehr usw. gefährdet, auch Be¬
handlungsmethoden von frü¬
her können jetzt negative Aus¬
wirkungen zeitigen. So z. B. die
unsachgemäße oder vernach¬
lässigte Behandlung der Bäume
nach dem Baumschnitt. Wie der
Fachmann weiß, müssen die
Wundstellen sofort mit Teer
oder Wachs verschlossen wer¬
den, ein Vorgang, der alljährlich
wiederholt werden muß. Ge¬
schieht dies nicht exakt, und
dies mag der Grund für die
zahlreichen Schäden sein, so
dringt Wasser in den Baum ein
und er beginnt von innen heraus
zu faulen.

Die Baumchirurgie begegnet
diesem Zerfallsprozeß mit dem

Öffnen des Baumes an der oder
den Faulstellen und dem gründ¬
lichen Entfernen des abgestor¬
benen Holzes. Anschließend
wird der Hohlraum mit einem
pilz- und schädlingsabwehren¬
den Mittel behandelt. Dieser
Lackbalsam, eine (sichtbar blei¬
bende) graue elastische Masse,
wird auf die offenen Stellen auf¬
getragen, „wächst" mit dem
Baum mit und stellt daher si¬
cher, daß es nicht neuerlich zum
Eindringen von Wasser und da¬
durch zum Faulen des Holzes
kommt.

In jenen Fällen, in denen die
Wunden sehr tief gehen, wird
ein Abfluß nach unten angelegt,
das eindringende Wasser wird
durch eine Art Drainage abge¬
leitet. Um zu unterbinden, daß
in den künstlich geschaffenen
Öffnungen Vögel nisten und
dadurch wieder die Luftzirkula¬
tion stören, werden vielfach
auch Gitter angebracht. Zur Si¬
cherung der Statik des Baumes
dienen Distanzhalterungen im
Bereich des Stammes, im Kro¬
nenbereich sind dafür Seilanker
vorgesehen.

Die Kastanienbäume in der Kö-
nig-Laurin- Allee dürften kurz

Nach gründlicher Entfernung des faulen Holzes wird die Baum¬
wunde mit Lackbalsam abgedeckt. (Fotos: Murauer)

Eine Kastanie nach der baum¬
chirurgischen Behandlung. Die
Distanzhalterungen aus Metall
im Stamm sichern die Statik des
Baumes.

vor der Jahrhundertwende ge¬
setzt worden sein. Aufgrund der
relativ günstigen Gegebenhei¬
ten — keine Salzstreuung, keine
parkenden Autos, dafür aber
ausreichend Wasser durch den
Sillkanal und Raum zur Entfal¬
tung — ist der Großteil der Bäu¬
me in gutem Gesundheitszu¬
stand. Fünfzehn davon wurden
nun der baumchirurgischen
Behandlung unterzogen, wo¬
durch nach Meinung der Fach¬
leute des Stadtgartenamtes die
Lebensdauer um weitere 80 bis
100 Jahre verlängert werden
konnte. Einige der Alleebäu¬
me sind nicht mehr zu retten
und werden durch Neupflan¬
zungen ersetzt.

Da die Kosten dieser Aktion
über 300.000 Schilling betra¬
gen, wird es auch in Zukunft er¬
forderlich sein, bei jedem ein¬
zelnen Baum zu erwägen, ob
sein allgemeiner Gesundheits¬
zustand die chirurgische Be¬
handlung sinnvoll erscheinen
läßt. Neben den erwähnten
Maßnahmen ist die Stadtge¬
meinde auch durch das Anlegen
von bepflanzten Baumscheiben
oder den Einbau von Gieß- und
Düngerohren in den Wurzelbe¬
reich bestrebt, den Bäumen im
Stadtgebiet bessere Lebens¬
und Überlebensbedingungen
zu bieten.

Innsbrucker Stadtnachrichten — Offizielles Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt. Jahrgang 1984, Nr. 10

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