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Innsbrucker Stadtnachrichten 1986 Nr. 11 - Stadtnachrichten - offizi...
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„Richardsruhe" auf der Weiherburg

(li/) Am 27. Oktober trafen
sitli bei der „Richardsruhe"
ober der Weiherburg — im
Volksmund „Engländergrab"
genannt — Vertreter des Inns-
brucker Verschönerungsvereins
( IV V) mit seinem Obmann Dr.
Hans Krug und der Stadt Inns¬
bruck mit Bürgermeister Ro-
niuald Niescher an der Spitze:
Das „Rngländergrab", jedem
Hungerburg-Spaziergänger als
idyllische, zur Besinnung anre¬
gende Gedenkstätte bekannt,
wurde vom IVV, der es lange
Jahre gehegt hat, der Stadt Inns¬
bruck zur weiteren Pflege über¬
geben. Anlaß genug, uns der
Geschichte dieses außerge¬
wöhnlichen Denkmals zu erin¬
nern. Dr. Karl Klaar hat sie in
Heft 3/4 der „Tiroler Heimat¬
blätter" 1947 festgehalten.
Im Jahre 1835 mieteten Chaun-
cy Hare Townshend aus Eng¬
land, seine Frau, sein Schwager
Henry Narcol und sein Freund
Calliphronas, das Schloß Wei¬
herburg zwei Monate als Som¬
merquartier. Es gehörte damals
dem Josef v. Attlmayr.
Es muß den Gästen gefallen ha¬
ben, denn 1839 kamen sie wie¬
der, diesmal von Attlmayr als
„die geliebte Familie Town¬
shend" herzlich begrüßt. Der

Schloßherr trug unter seinen
„Memorabilien" ein: „In die¬
sem Jahre wurde der Neubau
des Hafnerhauses an der
Schloßbrücke vollendet, koste¬
te über 1500 Gulden. Leistet
nun gute Dienste. Denn es dient
uns allen zur Zuflucht als Win¬
terquartier, weil wir das ganze
Schloß der Familie Townshend
einräumten. Sie bezog es mit ih¬
rem 22jährigen schwer kranken
Freunde Richard Tooth und sei¬
nem Bruder George und dem
Griechen Demetrius Dardeya
im September und überwinter¬
te. Richard Tooth starb am 20.
Februar 1840. Sein Grab auf
der Weiherburg heißt Richards-
Ruhe."

Attlmayr weiter: „Sie blieben
bis Mitte Mai 1840. Mitte Sep¬
tember kamen sie wieder mit
zwei Cousinen, Charlotte und
Marie Wigsthon und Demetrius
Calliphronas aus Athen und
dem Schwager Heinrich Narcol,
Husarenleutnant beim Regi¬
ment Fürst Reuß aus Mailand."
Unter den Notizen Attlmayrs
findet sich zum Jahre 1843 —
wie Karl Klaar in den „Tiroler
Heimatblättern" schreibt — die
Eintragung: „Für Erneuerung
der Grabinschriften auf Weyer-
burg erhält am 22. März 1843

baar 2 Gl. Josef Schröder, Bild¬
hauer."

Acht Jahre nach dem Ableben
Richard Tooths hat sich Chaun-
cy Hare Townshend durch
mündliches Übereinkommen
verpflichtet, an Josef v. Attl¬
mayr alljährlich 20 Gulden zu
senden, wogegen dieser das
Versprechen leistete, die „Ri¬
chardsruhe" stets in gutem Zu¬
stand zu erhalten. Dieses Ab¬
kommen lief bis zum Jahre
1867. Schon zuvor, im Jahre
1863, hatte Richard v. Attl¬
mayr, Sohn und Besitznachfol¬
ger des Josef v. Attlmayr (der
1853 gestorben war), das Grab
mit einem steinernen Unterbau
und mit dem heute noch vor¬
handenen eisernen Gitter ver¬
sehen.

In seinem Testament bestimmte
Ch. H. Townshend 1863, daß
aus seinem Nachlaß 50 Pfund
Sterling an Richard v. Attlmayr
ausbezahlt werden sollen, wo¬
gegen dieser sich verpflichten
solle, für sich und seine Rechts¬
nachfolger als Besitzer der Wei¬
herburg das Grab „aufweitewi¬
ge Zeiten in gutem Zustande zu
erhalten". Die Stadt Innsbruck
ist nun Besitzerin der Weiher¬

burg — die Pflege des Grabes
somit ihre „ererbte" Verpflich¬
tung. Dies unterstrich auch I )r.
Hans Krug bei der „Übergabe"
an die Stadt. Schon zuvor hatte
der Innsbrucker Steinmet/mei-
ster Ing. Egon Seeber den Mar¬
morgrabstein kostenlos reno¬
viert, wofür ihm der IVV das
goldene Ehrenzeichen verlie¬
hen hat.

Dozent Dr. Franz-Heinz Hye,
Archivdirektor von Innsbruck,
weist darauf hin, daß diese
überlieferte Begebenheit den
„Ansatz eines individuellen
Fremdenverkehrs und Bil¬
dungs-Fremdenverkehrs in
Mitteleuropa" dokumentiert:
Ganz offensichtlich begüterte
Familien leisteten sich da¬
mals monatelange Auslands¬
ferien.

Daß das „Engländergrab" heu¬
te noch existiert, verdankt es, so
Hye, vermutlich dem Umstand,
daß Richard Tooth kein Katho¬
lik war und daher auch nicht
„in geweihter Erde" auf ei¬
nem Friedhof beerdigt werden
durfte. So entging sein Grab
allen Friedhofsrenovierungen,
denen zahlreiche Ausländer¬
gräber zum Opfer fielen — so
auch die letzte Ruhestätte ei¬
nes Münchner Hoftheaterschau¬
spielers aus etwa derselben
Zeit, die erst vor wenigen Jah¬
ren — leider — vom Müh lauer
Friedhof verschwunden ist.

1886

VOR HUNDERT JAHREN

Sieimnetzmeister Ing. Egon Seeber (links, mit Gehilfen) beim Ent¬
fernen des Grabsteines vom „ Engländergrab ". Der Stein wurde von
ihm kostenlos renoviert. Die Inschrift ist wieder gut zu lesen.

24. Nobember: „Se. k. u. k.
Apost. Majestät hat mit Allerh.
Entschließung vom 2. Novem¬
ber 1886 der Gemeinde Wüten
die Einhebung einer Auflage
und zwar 80 kr. für jeden Hek¬
toliter Bier, 1 fl. 50 kr. für jeden
Hektoliter Brantwein und 4 fl.
für jeden Hektoliter Spiritus,
welcher zum Verbrauche im
Gemeindegebiet gelangt, al-
lergnädigst bewilligt."

24. November: „Der am 21. ds.

abends in den Localitäten beim
weißen Kreuz hier abgehaltene
erste Familienabend der Sec¬
tion Innsbruck-Wüten des
„Oesterreichischen Touristen-
Clubs" bot viel Unterhaltung.
Nachdem der Sectionsvorstand
in Kürze mitgetheilt hatte, was
seitens der Section während der
Sommermonate geschehen,
wobei er namentlich der weit¬

verzweigten Markierungen und
der Vorbereitungen zum Baue
eines Tourislenhauses am Pat¬
scherkofel gedachte und mil-
theilte, daß der Reitsteig zu letz¬
terem von Heiligwasser aus be¬
reits fertig ist, überreichte er
Herrn Raus in Anerkennung
seiner Thätigkeit bei Ausfuh¬
rung der Markierungen ein An¬
erkennungsdiplom in Glas und
Rahmen."

4. Dezember: „In der Sit/ung
des Gemcinderathes der Stadt
Innsbruck wurde dem hier be¬
stehenden ( 'omité zur Erbau¬
ung von Arbeitci hausern ein
Grundstück von circa 2000
Klaftern /um Preise von 5000
fl. überlassen. Dieses Grund¬
stück liegt in der Kohlstatt /wi¬
schen dem Bahn viaduct, der
kleinen Sill und dem Zeug¬
hause." W.