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Innsbrucker Stadtnachrichten 1987 Nr. 06 - Stadtnachrichten - offizi...
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Zur Geschichte der Schlossergasse

liis inde .limi wird die
l 'or/'hvrplai ten- Pflasterung der
Schlosser und eines Teiles der
Kiebachgasse beendet sein und
sieh sot nil ein weiteres Stück unse¬
rer Altstadt in neuer Schönheit
präsentieren. Daß es sich hiebei hi¬
storisch gesehen um ein „sehr altes
Pflaster" handelt, möchten die
folgenden Zeilen erläutern.

Von Josefine Justic

Die Außen-Fassaden der Häuser
an der Südseite der Schlossergas¬
se beherbergen heute noch — so¬
weit sie im Alt-Bestand erhalten
sind — die Innsbrucker Stadt¬
mauer. Diese wurde erst ab dem
Jahre 1500 mit Fenstern „durch¬
löchert" — eine Maßnahme, die
nur unter der Bedingung gestattet
wurde, daß die Hausbesitzer die¬
selben bei Kriegsgefahr auf eige¬
ne Kosten wieder vermauern wür¬
den. Die Schlosscrgas.se, die sich

/.wischen dem ehemaligen Vor¬
stadttor am Ausgang der Herzog-
Friedrich-Straße (abgetragen
1765) und dem ehemaligen
Pickentor am westlichen Ende
der Seilergasse (abgetragen 1779)
erstreckt und wie oben verdeut¬
licht, innenseitig entlang der
Stadtmauer verläuft, trug ur¬
sprünglich den Namen Peyrer-
gasse, eine Bezeichnung, die sie
nach einem im Haus Nr. 11 be¬
findlich gewesenen Weinkeller
des Klosters Benediktbeuren er¬
hielt. Als solche ist sie nach Hans
Hörtnagl bereits im Jahre 1348
genannt und behielt diesen Na¬
men vereinzelt noch bis ins 18.
Jahrhundert.

Im 16. und 17. Jahrhundert wur¬
de die Gasse — nach einem oder
mehreren derartigen Gewerbebe¬
trieben — auch als Plattnergasse
bezeichnet. In diesem Zeitab¬
schnitt entwickelte sie sich über¬

haupt zu einem Zentrum des
Innsbrucker Kunsthandwerks
etc. So besaßen damals u. a. die
Zinngießerfamilie Jenpacher, der
Buchdrucker Hans Paur, der
Goldschmied Witz, der Maler Se¬
bastian Scheel und der
Steinmetz- und Maurermeister
Gregor Turing Häuser in der
Schlossergasse.

Bevor sie im Jahre 1873 ihren heu¬
tigen Namen erhielt, begegnet
uns die Schlossergasse nachweis¬
bar 1856 — noch nicht jedoch
1775 — auch als Judengasse, of¬
fenbar da mehrere jüdische Mit¬
bürger dort wohnten.
Den frequentiertesten Teil der
Schlossergasse bildet wohl die
platzartige Erweiterung an der
Kreuzung mit der Kiebachgasse.
Hier wird sie überragt vom soge¬
nannten Kolbenturm bzw. dem
Ansitz Karlsburg (Nr. 3). An
einen seiner Besitzer, Ritter Karl
Schurff, erinnert sowohl die 1585
erstmals angebrachte und 1959
erneuerte, dekorative Fassaden¬
malerei, als auch sein in Stein ge¬
hauenes Wappen, das sich rechts

an der Mauer neben dem Durch¬
gang zum Marktgraben befindet.
Übrigens wird überlegt, unter
diesem Wappenstein nach Ab
schluß der Pflasterung ein weite¬
res kleines Denkmal in neuer Ge¬
stalt wiedererstehen zu lassen —
nämlich das Sarnlheinbrünnl —
in Erinnerung an die Graten \on
Sarnthein, die von 1764 bis 1X47
in der Karlsburg saßen. Die Anre¬
gung dazu — wie auch die /in
Pflanzung eines Solitat bauincs
vordem Mundinghaus— kommt
vom städtischen Bauamt.

Ebenfalls kurz erwähnt sei nodi
diesudlicheKiebachgas.se: liis ins
18. Jahrhundert wurde sie nach
dem früher dort abgehaltenen
Viehmarkt Rindergasse genannt.
Der Tollingerdurchgang ist ein
neuzeitlich durchgefuhi ter

Durchschlag zum Markh'iabcn
und hat kein ni it telali ci Ik lies
Stadttor zum Vorgänger, wir dies
Franz-Heinz I lye eindeutig nach¬
weisen konnte.

Möge nun auch dieser ncu.rcsial-
tete Teil unserer Alt.siacli den Be¬
wohnern und Gästen mandi be¬
schaulichen Spaziergan;', mul ei
holsames Verweilen zwischen den
geschichtsträchtigen Mauei n bie¬
ten.

1887

VOR HUNDERT JAHREN

Schlossergusse gegen Westen auj einer alten Postkarte. Rechts ragt der
Türm des St. Johannes-Kirchleins bei der ehem. Maria-Theresianischen
Normalschule, Kiebachgasse 10, heraus. (Original im Stadtarchiv)

20. Juni: Im Boten für Tirol wird
angekündigt, daß demnächst der
große „Circus Lorch" eintreffen
und in Innsbruck gastieren wird.
„Der Circus, dem ein ausgezeich¬
neter Ruf vorausgeht, besteht aus
100 Pferden edelster Racethiere
aus den renommiertesten Gestü¬
ten; ferner aus 80 Personen,
Künstlerspecialitäten allerersten
Ranges in allen Genres. Die Vor¬
stellungen bieten auf den Gebie-
len: Der l\ questrik, der Hyppolo-
gie, der Gymnastik, der Equilibri¬
st ik, der Pantomimik, der Thier-
dressur, der Burleskeu. a. nur das
Gediegenste. Der Circus besitzt
auch 2 Hcphaniei] und 2 Kamee-
le(!) in hoher Dressur und bietet
2000 bequeme Sitzplätze".
27. .Inni: Im Geineinderat wird
beschlossen, daß die bisher fünf-
klassige Maddienvolksschule in
St. Nikolaus wegen Überfüllung
der 4. Klasse in eine sechsklassige
Sdmle umgestaltet wird. — Wei¬
lers w irci der Bau eines Reserveka¬
nals in geschlossenen Rohren
vom Sillfall über den Margare -

thenplatz(= Bozner Plat/) in die
Stadt für das nächste Jahr in Aus¬
sicht gestellt. Diese Wasserlei¬
tung hat den Zweck, im I alle des
„Abkehrens" (= Reinigung) des
damals noch bestehenden Sillka-
nals die Ritschen der Stadt mit
Wasser zu versorgen.
1. Juli: Im Friihsommer vor 100
Jahren wurde den Innsbruckern
ein reichhaltiges Unterhaltungs¬
programm angeboten: Neben
dem vorerwähnten Zirkus ga¬
stiert am Stadttheater (= Lan¬
destheater) auch das „Grosse me¬
chanische Theater Morieux" mit
„3 brillanten Vorstellungen".
5. Juli: Das I laus Schlossergasse
7/Marktgraben 23, das soge¬
nannte Christlwirtshaus mit 2
Verkaufsläden am Marktgraben,
wird zum Verkauf angeboten.
(».Juli: Die bisher 2-klassige I lan-
delssehule wird zu einer I laiulels
akademic erweitert. Sie hat die
gleiche Organisation und wiul
dieselben Rechte gewähren wie
die übrigen Handelsakademien
Österreichs. J..