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Innsbrucker Stadtnachrichten 1990 Nr. 07 - Stadtnachrichten - offizi...
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Verkehrsberuhigung soll die urbane Qualität heben:
Planervorschläge krempeln alte Ordnung gänzlich um

Deutsches Expertenteam stellte bei der 3. Bürgerversammlung konkrete Detailvorschläge zur Diskussion

Während das deutsche Experten¬
team die beiden ersten Bürgerver¬
sammlungen im Juni und Dezem¬
ber vergangenen Jahres überwie¬
gend dazu benutzt hatte, um in
der Phase des „Jagens und Sam¬
meins" von Problemen und Ziel¬
vorstellungen die „Stimme des
Volkes" zu hören, wurde nun¬
mehr ein umfassendes Konzept
für die Neuordnung des städti¬
schen Verkehrs vorgestellt. Dabei
handelt es sich naturgemäß erst
um einen Roh-Entwurf zur Ver¬
kehrsberuhigung der Stadt unter
besonderer Berücksichtigung der
Innenstadt. Die von den Profes¬
soren unterbreiteten Maßnah¬
men sind also nicht endgültig,
sondern werden vielmehr noch
intensiv geprüft, diskutiert und
weiter präzisiert.

Sorgfältige Analyse

Die Erarbeitung des Verkehrs¬
konzeptes (VKZ) für Innsbruck
basiert auf den sorgfältig ermit¬
telten und analysierten Mängeln
und hat einerseits die Verbesse¬
rung der Lebensqualität, ande¬
rerseits die Stärkung der Wirt¬
schaftskraft der Stadt zum Ziel.
Dabei zeigen sich die Professoren
hinsichtlich der Verträglichkeit
beider Vorgaben durchaus zuver¬
sichtlich: „Die Verbesserung der
Lebensqualität in der Stadt kann
prinzipiell durch wirksame Ver¬
kehrsberuhigung und durch bes¬
sere Aufgabenteilung der Ver¬
kehrsmittel erfolgen. Insgesamt
soll ein sicherer, umweltfreund¬
licher, sozialverträglicher und
wirtschaftlicher Gesamtverkehr
entstehen. Finden dabei die Be¬
dürfnisse und die Erfordernisse
des Wirtschaftslebens der Stadt
angemessene Berücksichtigung,
so kann die Wirtschaftskraft
Innsbrucks insgesamt dabei nicht
nur erhalten, sondern sogar ge¬
stärkt werden", erklären sie in
ihrem Arbeitspapier.

Neue Prioritäten

Gemäß den vorgegebenen Zielen
wurde die Prioritätenreihung der
Verkehrsmittel neu erstellt:
Größte Bedeutung soll in Hin¬
kunft dem Fußgängerverkehr
zukommen, aber auch dem Rad-

(Ste) Keine Frage: Verkehrsberuhigung ist den Innsbruckern ein ernst¬
haftes Anliegen. Dies beweist schon die stattliche Anzahl von über
400 Personen, die sich am Abend des 25. Juni im Großen Stadtsaal
einfand, um sich bei der „3. Bürgerversammlung zur Erarbeitung des
Verkehrskonzeptes Innsbruck" einen Überblick über die von den
Experten erarbeiteten Lösungsstrategien zu verschaffen. Dabei wur¬
den von den Zuhörern auch viele konstruktive Vorschläge zur Verbes¬
serung der Innsbrucker Verkehrssituation gemacht. Die Arbeits¬
gemeinschaft der deutschen Universitätsprofessoren Retzko und
Topp (Darmstadt) sowie Kirchhoff und Stracke (München) über¬
raschte das Auditorium, in dem sich auch viele Mandatare und Fach¬
beamte befanden, mit „einem Feuerwerk von Detailvorschlägen", wie
Mag. Hans Rauter von der Landesplanung als Diskussionsleiter
beeindruckt feststellte.

verkehr und dem öffentlichen
Personennahverkehr. In den Hin¬
tergrund gedrängt wird der moto¬
risierte Individualverkehr (MIV).
Das „generelle Oberziel" des Ver¬
kehrskonzeptes für Innsbruck,
die Reduzierung des MIV auf ein
notwendiges Maß, soll durch eine
Verbesserung der Angebote für
die Verkehrsarten höchster Prio¬
rität und durch eine flächen¬
deckende Parkraumbewirtschaf¬
tung erreicht werden.

Zielfeld „Fußgängerverkehr"

Fußgängerverkehr wird — insbe¬
sondere in der Innenstadt — plane¬

risch mit höchster Priorität behan¬
delt. Wo immer Fahrverkehrsflä-
chen reduziert werden können,
werden durch Verbreiterung der
Gehflächen die Bedingungen für
den Fußgängerverkehr verbessert.

Insbesondere werden Fußgänger¬
zonen und fußgängerfreundliche
Bereiche weiter ausgedehnt.
Ruhe soll demnach am Markt¬
graben, Burggraben und in der
Museumstraße einkehren. In Zu¬
kunft gehört dieser Bereich näm¬
lich zu einem Flechtwerk fußgän¬
gerfreundlicher Straßen und
Gassen und wird deshalb aus dem
Hauptstraßennetz herausgenom¬

men. Deutlich erhöht soll die ur¬
bane Lebensqualität dadurch
auch in der Maria-Theresien-
Straße, in Teilen der Anich- und
Meranerstraße sowie der west¬
lichen Universitätsstraße, der
Angerzell- und Sillgasse werden
(siehe Plan auf Seite 12, 13).

Radverkehr wird aufgewertet

Das Verkehrskonzept wertet den
Fahrradverkehr in der Stadt be¬
achtlich auf. Ein „alltagstaug¬
liches Radwegenetz" (Stracke)
wird Sicherheit garantieren und,
so Retzko, „die Konkurrenzsitua¬
tion zum Auto verbessern". Park¬
raumbewirtschaftung und ver¬
kehrsberuhigte Zonen schränken
den Pkw-Verkehr in den nutzungs¬
intensiven Kernbereichen stark
ein, während Radfahren hier im
vollen Umfang erlaubt ist. Damit
sich das Radwegenetz im Alltag
bewährt, muß es sich an den Ziel¬
punkten des Berufs-, Schüler-
und Studentenverkehrs orientie¬
ren und auf Stadtteilzentren und
öffentliche Einrichtungen Bezug
nehmen. Eigene Zonen für Rad¬
fahrer sind überall dort vorgesehen,

Marktgraben, Burggraben und Museumstraße sollen nach dem Verkehrskonzept aus dem Hauptstraßen¬
netz herausgenommen und verkehrsberuhigt werden. Der Franziskanerbogen soll für Autos gesperrt wer¬
den. Szenen wie diese gehören dann der Vergangenheit an. (Foto: Eliskases)

Innsbrucker Stadtnachrichten — Offizielles Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt. Jahrgang 1990, Nr. 7

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