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Reise und Fremdenzeitung für Tirol und Vorarlberg (1899-1901)
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Seite 8. — Ur.

unb Fremben.Zeitung für Cirol und Oorailbera.

. Juni

Handels- und gewerblicher Unternehmungen zum Zwecke des Fremden¬
verkehrs, sondern es kommt ihm vor allem auch die wesentlich gesteigerte
Steuerlast von den vielen bereits bestehenden Unternehmungen und
Interessenten des Fremdenverkehres zu Gute.

Die Vorschreibung der gesummten directen Steuern in Tirol,
beobachtet für einen längeren Zeitraum, der Zuwachs der Bevölker¬
ung, die Abnahme der Auswanderung, können nicht ohne Fug und
Recht mit dem volkswirtschaftlichen Einfluß des Fremdenverkehres
in Zusammenhang gebracht werden. Diese Daten lauten aber für
den Staat sehr günstig. Beispielweise betrug die ärarische Steuer-
vorschreibung in den Jahren

1870 935.331 Gulden

1875 981.110

1880 1,089.750

1885 1,838.31?

1890 2.188.840

Die Ziffer des Jahres 1900 steht unter dem Einflüsse der neuen
Steuergesetzgebung und kann nicht in Vergleich gezogen werden. Es
muß nun doch jedem unbefangenen Beurtheiler zweifellos erscheinen,
daß das Bestehen des Fremdenverkehres in Tirol mit einer Brutto¬
einnahme von rund 15 Millionen Gulden, an der Industrie, Handel,
Gewerbe, Kunst und Landwirtschaft Antheil haben und steuerträftiger
geworden sind, an der ausdruckvollen Steigerung dieser directen
Steuern einen wesentlichen, gewiß nicht unbedeutenden Einfluß
genommen habe.

Das Gleiche gilt von der Zunahme der Bevölkerung. Letztere
betrug im Jahre

1880 805.176 Einwohner,

1890 812.696 „ sohin mehr um 7.520

1900 850.062 37,366

Damit im Zusammenhange steht eine sehr erfreuliche bemerkbare
Abnahme der Auswanderung, wohl eine Folge der allseits gesteigerten
Geschäftsthätigkeit und ständiger Beschäftigung von Arbeitsuchenden.
Der grüßte Nutzen aus dem Fremdenverkehre liegt für den Staat
aber auf dem Gebiete der mannigfaltigen indirecten Steuern und
Abgaben, was nachzuweisen oder einzeln aufzuführen als unnütz
erscheint, weil dies in der Natur der Sache liegt.

Immerhin möge diesbezüglich bemerkt weiden, daß in den
letzten Jahrzehnten in Tirol und Vorarlberg die indirecten Steuern
folgende Ziffern aufzuweisen hatten:

Jahr Bevölkerung Steuerergebnis fl.

1880 878.907 913.209

1890 928.920 1,173,900 „

1898 938,362 1,437.458 „

Besonders zu erwähnen wäre dabei die sich jährlich steigernde Ein¬
nahme aus dem Tabaksgefälle, bei welcher der Fremdenverkehr gewiß
großen Einfluß hat.

Alles in allem genommen, darf es daher kein unbilliges Ver¬
langen genannt werden, wenn nun auch einmal die staatliche
Hilfe angerufen wird, welche Hilfe eben nothwendig ist, um die '
eingangs erwähnten Verbesserungen zu erzielen. In Ungarn wurde
die gleiche Angelegenheit bereits von der Regierung energisch ein¬
geleitet. Es liegt ein Gesetzentwurf vor, betreffend Curorte, Bade-
und Quellenwefen und endlich Sommerfrischen, in dessen 3. Abschnitt
nebst andere« materiellen Hilfen auch die Gründung einer Bank mit
einem Capitale von 16 Millionen Kronen vorgesehen ist, welche Bank
zur Gewährung von Daclehen an Bäder und Curorte bestimmt ist.
In Oesterreich dagegen kennt man bis jetzt nur den Kampf
mit Schwierigkeiten bei großen und kleinen Unternehmungen: sogar
beim Bau von alpinen UnterkunftZhausern verlangt das k. k. Acker¬
bau-Ministerium die Zahlung von jährlichen Recognitionszinsen.

Auf all' diese Erwägungen gestützt darf es der Tiroler-Landes-
Verband für Fremden-Verkehr als der berufene Vertreter dieser
Interessen wohl wagen, auch die Mithilfe des Staates anzurufen,
um jene eigenartige Industrie Tirols, die im wirtschaftlichen Organ¬
ismus des Landes sowohl der Zahl wie der Steuerleistung nach
kühn ihren Platz neben der industriellen Production behaupten und
wie der Bevölkerung, so auch dem gesammt-staatlichen Interesse
im gleichen Maße dienstbar gemacht werden kann, entsprechend zu
unterstützen und zu fördern. Eine solche Förderung würde die Ein¬
beziehung der Hotel-Unternehmungen in den von der k. k. Regierung
in Nr. 514 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des
Abgeordnetenhauses als Regierungsvorlage eingebrachten Gesetz¬
entwurf (betreffend Maßnahmen zur Förderung der heimischen Indu¬
strie) bedeuten, dessen Inhalt, falls die mit der Fremdenindustrie eng
verbundenen Unternehmungen, insbesondere aber die Fremden-Unter-
tunfts- und Nerpflegungs-Unternehmungen unter Art 1. subsummirt
weiden können, allen in Tirol längst laut gewordenen Wünschen
entsprechen würde. Es sind auch nicht nur die materiellen Vortheile,
die von Seite der tirol. Industriellen in dieser Vorlage zu begrüßen
sind, sondern letztere enthält auch im Schlußsätze des Art. 1. eine für
das gesammte tirolischen Gewerbe und dessen Handel sehr wichtige und
vortheilhafte Bestimmung, betreffend den relativen Kaufzwang im
Inlande. Gerade in den letzten Jahren sind nämlich große Aus¬
stattungsbestellungen nach Deutschland ergangen, was füglich hätte

unterbleiben können. Sicher würden sich Hotel-Unternehmer aber gerne
dem Zwange der Bedarfsdeckung im Inlande fügen, wenn ihnen ander¬
seits ein Entgegenkommen als Aequivalent geboten werden könnte.
Der Landesverband für Fremdenverkehr in Tirol erlaubt sich nun
feine Bitte wie folgt zu formulieren:

Das hohe Abgeordnetenhaus wolle den Art. 1. der Regierungs¬
vorlage Beilage 514 durch den Beisatz ergänzen:

Ebenso werden in jenen Orten und Gegenden, wo der Fremden¬
verkehr eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung besitzt, neuen tzotel-
und Gasthaus-Unternehmungen, welche sowohl in Bezug auf ihre
Anlage als Ausdehnung geeignet sind, auf den Zuzug von Fremden
in diese Gegenden einen hervorragenden Einfluß zu üben, die im
Art. 1. bezeichneten Begünstigungen eingeräumt."


Aus unseren

Curorten und Sommerfrischen.

Innsbruck. Wie in den letzten Jahren, so wird auch Heuer
wieder zur festlichen Begehung der Sonnwendfeier, dieses
altgermanischen Volksbrauches, eifrig gerüstet. Besonders rege Be¬
geisterung zeigt sich hiefür stets in Innsbruck, wo ein eigener
Festausschuß aus deutschen Bürger- und Studentenkreisen mit dem
Vicebürgermeister Dr. H. Wenin an der Spitze die Durchführung
der Veranstaltungen zur Feier der Sommersonnenwende in die
Hand genommen hat. Die Sonnwendfeier selbst besteht, wie bekannt,
aus zwei Theilen, aus der Bergbeleuchtung und dem Thalfeste.
Letzteres mit Concert, Vorträgen, Festspielen u. s. w. findet Heuer
am 26. Juni auf dem Ausstellungsplatze statt und wird voraus¬
sichtlich auch diesmal wieder eines wahren Massenbesuches sich zu
erfreuen haben. Ganz besonders schön und für fremde Alpenbesucher
hoch interessant gestaltet sich außerdem stets der erste Theil der Sonn¬
wendfeier, wozu allerdings die herrliche Bergumgebung von Inns¬
bruck, dieser ungemein malerische Kranz von Kuppen und Graten,
von Spitzen und Zacken geradezu wie geschaffen erscheint. Wenn
es am betreffenden Abend zu dunkeln anfängt, so wird gewöhnlich
von der 2679 Meter hohen Spitze des Nrandjochs das Feuerzeichen
gegeben und nun beginnt es allenthalben aufzuleuchten auf dem
Bergzuge im Norden und im Süden der Stadt. Hunderte von
mächtig aufwallenden Feuern lodern auf den Graten und Gipfeln
und an den Gehängen in den Nachthimmel empor und leuchten
durch die milde Sommernacht weithin durchlas Innthal. — Für
die ganze Sonnwendfeier sind die Vorbereitungen seitens des Inns¬
brucker Festausschusses bereits allseit im Gange, und es wurde zur
Entzündung der Höhenfeuer der Abend des 23. Juni bestimmt; nur
wenn an diesem Tage schlechtes Wetter einfallen sollte, wird die
Bergbeleuchtung am 29. Juni veranstaltet. — Seit den letzten
Jahren ist nicht nur in der Landeshauptstadt selbst — welche be¬
kanntlich zur ersten Verkehrsstadt der Ostalpen geworden ist —
sondern auch in der ländlichen Umgebung von Innsbruck der
Fremdenverkehr sichtlich in Zunahme begriffen. Im Jahre 1899
betrug die Gesammt-Fremdenfreauenz im Sprengel der k. k, Bezirks-
hauptmannschaft Innsbruck etwas über 19.000 Personen, im Jahre
1900 ist dieselbe auf mehr als 21.000 Personen gestiegen. In
140 Hotels, Gasthöfen und Gasthäusern standen zur Fremden¬
beherbergung 2818 Betten zur Verfügung, wozu noch 1493 Betten
in Privathäusern kommen. Den ersten Platz unter den Fremden-
stationen im Innsbrucker Landbezirk nimmt jetzt mit einem Fremden¬
besuche von nahezu 4000 Personen der Höhencurort Igls ein,
wozu wohl die MittelgeolrgZoahn wesentlich beigetragen hat. Selbst«
verständlich sind hiebei Ausflügler, Touristen, etc. welche in Igls
nicht übernachteten, nicht miteingerechnet, fondern nur ständige
Sommerfrischler oder überhaupt solche Gäste, welche wenigstens eine
Nacht in der Gemeinde verbrachten und amtlich gemeldet wurden.
An Igls reiht sich in derselben Weise Wilten mit 2101 Personen
an, dann folgt Steinach mit 2008, Hall mit 1863, Matrei
mit 1500, Scharnitz mit 1300, Neustift in Stubai mit 1160,
Mieders mit 1000. Seefeld mit 800, Ziri mit 795, Fulpmes
mit 675, Absam mit655, Gries mit 609 und Schönberg mit 557
Personen. Die übrigen Orte und Gemeinden des Bezirkes haben
bisher einen Fremdenbesuch von 500 Personen und darüber noch
nicht erreicht, doch dürfte sich dies speciell für Natters und
Mutters durch den Bau der Stubaier-Bahn wohl in kurzer Zeit
bedeutend ändern.

Hall in Tirsl. Das Hotel ..Wiesenhof" im Gnadenwald
wurde bei der letzthin abgehaltenen Versteigerung durch Meistbot
von der Spaccasse Schwaz um 118.700 15 mit Zubehör, Neben¬
gebäuden und Grundstücken erworben. Die in der Nähe stehende
Villa „Aurora" wurde mit dem sogenannten Kuendlanger von Dr.
Lanzinger, Arzt aus Graz, um 24.340 X ersteigert. Der gesammte
Erlös steht also mit 143.040 X einem Mindestgebot von 129.000 X
gegenüber.