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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 10 (1884)
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sein dürfte. Insbesondere war am letztgenannten Tage vom Oberen Eis¬
stein eine ungleich kleinere Fläche firnfrei, als am 10. October 1882
bei unserer vorletzten Dachsteinbesteigung, obgleich damals nicht weniger
Neuschnee lag, als diesesmal. Indess ist schwer zu entscheiden, ob der
angedeutete Zuwachs an Masse in der oberen Region nicht doch nur ein
localer, durch Winde bewirkter, oder ob er ein allgemeiner ist. So viel
aber mag als sicher gelten, dass wenn auch in den nächsten Jahren eine
erhebliche Vermehrung der Firnmassen stattfinden sollte, wenigstens inner¬
halb des laufenden Decenniums an den Gletscherenden im Dachsteingebirge,
namentlich aber am Karls-Eisfeld, noch kein nennenswerther Vorschub, ja
dass im Gegentheil noch ein weiterer Rückgang zu erwarten ist, da, die
durch die starke Reduction der Massen bis gegen die Firngrenze hinauf
bedeutend verlangsamte Bewegung sicherlich noch jahrelang gegen das
sommerliche Abschmelzen im Rückstand bleiben wird.

Wien. Prof. Dr. Friedr. Simony.

Die Schneemassen im, jBirrilochgrdben. In den Mit¬
theilungen Fr. 8, S. 283 wird von der Eisgewinnung am Birnhorn
gesprochen, und die betreffende Stelle (nach dortigem Gebrauch) ein Schnee¬
loch genannt, wobei auch die Schneetrichter des Untersbergs citirt werden.
Ich bringe seit einer Reihe von Jahren einen Theil der Ferien in Leogang
zu und bin daher in der Lage, über jenes »Schneeloch« einige Auskünfte
zu geben.

Die Giselabahn beschreibt von Saalfelden weg vorerst eine lange,
mehrfach gebogene Linie, um das Saalachthal zu verlassen und das links¬
seitige Gehänge des Leogangthals zu erreichen. Nachdem sie die rein
ostwestliche Richtung eingeschlagen hat, steigt sie ziemlich stark an und
bietet links den Anblick des ziemlich weiten Thals, zur Rechten dagegen
jenen des sehr monotonen nördlichen Gehänges. Nach einer Fahrt von
etwa 12 Minuten öffnet sich plötzlich dieser Abhang und gestattet einen
Blick in einen weiten Graben, der in seinem Hintergrund von steilen
Wänden umfangen wird, welche durch prächtige, kühnaufragende Spitzen
und Felsköpfe gekrönt sind. Die höchste dieser hier sichtbaren Spitzen
ist zugleich die höchste des ganzen Gebirgstocks der Leoganger Stein¬
berge, das Birnhorn. Unmittelbar aus der Mitte des weiten Kessels
im Hintergrund des Grabens leuchtet eine mächtige Schneemasse herab,
und diese ist es, welche im Sommer d. J. zur Eisgewinnung ausgenützt
wurde. Kaum mehr als eine Minute ist von der Bahn aus der Anblick
dieses schönen Bildes vergönnt, das monotone Sandstein-Gehänge verdeckt
wieder die weitere Aussicht nach rechts, und wenige Minuten später ist
der Zug in der Station Leogang.

Der erwähnte Graben führt in seinem unteren Theil den Namen
Ullachgraben und enthält eine stattliche Anzahl von hübschen Bauernlehen;
durch diesen Graben zieht sich auch der durch die Section Pinzgau des
D. u. Ö. A.-V. bezeichnete Weg auf das Birnhorn. Ein grosser Seiten-