/ 404 pages
Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 18 (1892)
Search


Nr. 21

Mittheilüngen des Deutschen und Öesterreichischen Alpenvereins.

248

Band betraten, dann wieder links abbiegend, durch
Felsrinnen und kleine Kamine direkt zum Tribulaungrat
emporklommen, welch' letzteren wir, wenige Minuten
vom Tribulaunmassiv entfernt, erreichten. Von da an
verfolgten wir die gewöhnliche Wegtrace, deren Be¬
gehung jetzt dadurch wesentlich erleichtert worden ist,
dass an den schwierigsten.Stellen Drahtseile angebracht
sind, und dass vermittelst der Letzteren auch der so
steingefährliche grosseKamin ganz vermieden werden
kann. Ob die oben erwähnte neue Anstiegslinie von der
Pflerscher Seite aus leichter. oder schwieriger ist, als
der gewöhnliche Weg vom Schneekar'l zum Tribulaun-
joch etc., möchte ich vorerst nicht entscheiden, dameine
ganze diesjährige Tribulaunbesteigung durch grosse
Neuschneemassen sehr erschwert wurde. Jedenfalls ist
das neue Wegstück viel kür zer und es sei dasselbe mit
.Rücksicht hierauf allen Tribulaunbesteigern empfohlen.
München. Prof. Dr. Pott.

Fervali -Gruppe.

Das Malfónthal wird von Touristen wohl nur auf
dem Wege zum Edmund Graf Schutzhaus betreten, die
zahlreichen schönen Gipfel seiner Umrahmung bleiben
über dem berühmten JEiifller vergessen. Die folgenden
kurzen Angaben mögen diese Lücke theilweise aus¬
füllen.

Hintere Rendelspitze. 2812 m. Am 27. Juni. Von der
Hinteren Thaja auf gutem Steig in den Thalhintergrund,
dann südlich um den Gipfel 2326, der einen gewaltigen
Steinmann trägt, herum und im Ganzen in der Richtung
des S. O. Grates, anfangs auf der Südseite, dann zur
Nordflanke übergehend, und zuletzt auf dem Grate selbst
zum Giptel. Der Uebergang zur vorderen Spitze wurde
der schlechten Schneeverhältnisse wegen aufgegeben,
bis nahe an den verlassenen Gipfel zurückgekehrt und
unschwer zum Joch gegen das Massiv der Hochkar¬
spitzen abgestiegen. Sodann nach N. W. in das bei St.
Anton mündende kurze Seitenthälchen. Am 9. Juli
wurde dann die Vordere, eigentliche Rendelspitze,
2817 m, erreicht, indem der Südfuss der vorigen Spitze
umgangen und zum Verbindungsgrat der beiden Gipfel
geklettert wurde, der nahe östlich vom Hauptgipfel be¬
treten wurde. Abstieg durch die Westwand — nicht
sehr schwierig — und in das Moosthal.

Riffelspitze. 23. Juli. So wurde mir in Pettneu der
breite, mit einer Stange versehene Gipfel bezeichnet,
der sich im N. W. der Madaunspitze nach einigen Fels¬
zacken erhebt und dieselbe anscheinend überhöht. An¬
stieg gegen die Grateinsenkung zwischen ihr und der
Vorderen Rendelspitze. Vor Erreichung derselben links
ab, mühsam über tief verschneite Felsen zum Scheide¬
grat gegen das Moosthal, auf demselben s. ö. — zuletzt
kurze Kletterei — zur Spitze. Beim Abstieg wurde der
schon betretene Grat noch länger benützt und links
gewandt durch eine steile Schlucht, wo die Steigeisen
treffliche Dienste leisteten, dann über Schutt- und
Grashänge die Vordere Thaja im Moosthale erreicht.
Der tiefe Neuschnee machte die Partie recht beschwer¬
lich und ziemlich schwierig, auch war die Orientirung
durch fast beständigen Nebel beeinträchtigt.

Vom Latte-Joch zur Madaun-Spitze. 2911 m. 28. Sep¬
tember. Nahe unter dem Latte Joch — von Pettneu
in 3V2 Stunden zu erreichen — südlich über Geröll zum
Hauptgrat, dann westlich bequem auf einen Gipfel mit
halbzerfallenem Steinmann, den ich thunlichst ausbes¬
serte. Die nächste, etwa gleich hohe Erhebung wurde
auf der Nordseite umgangen und von Westen über
plattiges Gestein erklettert. Bis zum nächsten Grat-
Knie wurde oft nach Norden ausgewichen. Hier steht
ein Felsbau, der wohl nur sehr schwierig zu übersteigen
ist; ich stieg südwestlich tief hinab, südlich wieder
empor, und betrat so den Grat wieder dicht westlich
an der Stelle, wo ein Seitengrat nach Südost abzweigt.
Bald darauf wurde ein zweiter Knotenpunkt erreicht
(zwischen beiden eine, vom Geröll abgesehen, bequeme

Uebergangsstelle zwischen Malfon und Paznaun) und
ein etwas höherer Gipfelzacken, auf dem Reste einer
Stange waren, gewonnen. Die Ueberkletterung zweier
weiterer Zacken schien nicht räthlich, es wurde ziemlich
tief nach Süden auf steilem Grasboden abgestiegen, der
mittlere Zacken umgangen und zum dritten aufgestiegen-
In der Südflanke wurde dann eine Stange erreicht, die
in einem Schartel ober dem kleinen Ferner steht, der
auch in der Sp.-K. eingezeichnet ist; über dessen obersten
Theil und von nun an stets auf dem Grat bleibend und
ohne Schwierigkeit noch zwei kleine Firnfelder queren d,
zur Madaunspitze. Graupelschauer und drohende
Wetterwolken nöthigten zu schleunigem Abstieg, der
über den gut gangbaren Ferner an der Westseite in
das Moosthal ausgeführt wurde. (Ueber die Nordwand
ist die Madaunspitze gut besteigbar, wovon ich mich
im vorigen Jahre überzeugte; auch der Südgrat scheint
gut benutzbar.) Diese touristisch sicherlich neue, nicht
besonders schwierige und sehr lohnende Wanderung
ist ausdauernden, geübten Steigern bestens zu empfehlen.
S. München. Alexander Burckliardt.

Pragser Dolomiten,

Gr. Seekofi (Gran Sass la porta 2810 m). Erste
Ersteigung über den Nordgrat und zweite
tour. Begehung der Äusseren Rothlahn. 4. Au.
gust. Nach einem vergeblichen Versuche am 12. Juli
wo wir wegen zu vorgerückter Zeit nach 11 stündiger'
Arbeit um 1 Uhr nachm. ca. 100 Mtr. unter der Pyra¬
mide umkehrten, gelang uns diesmal die Lösung dieses
interessanten Problems. Ab Neu Prags 2 Uhr 40 Min.
früh, über den Pragser Wildsee (1479 Mtr.), zum Beginne
der grossen Schneeklamm der Nordwand unseres Gipfels
und zum sogenannten Seekofl-Brandel, einer grünen
Schulter des Berges. In einer Hochmulde Rast von 6 Uhr
10 Min. bis 6 Uhr 40 Min. Nun über zahlreiche, nicht
gerade schwierige Wandeln nach links zu einer zweiten,
steilen Schneeklamm, hierauf über einen schwach aus¬
geprägten Grat und ein langes Band nach rechts zu
einer schon von unten gut sichtbaren, schwarzen Wand
(8 Uhr 45 Min. bis 9 Unr 30 Min.) Hierauf weiter nach
rechts auf den Nordgrat und nun meist auf der linken
Seite desselben über schwierige Kamine, Platten und
Bänder direkt zur Pyramide (2810 Mtr.); an II Uhr
30 Min., ab 12 Uhr 35 Min. mittags über den Ostgrat
zur Ofenscharte (1 Uhr 30 Min.), von wo aus über eine
steile Schneerinne zu einer wilden Klamm (Rast 2 Uhr
15 Min. bis 3 Uhr nachm.), in deren linksseitigen Felsen,
zuletzt nicht ganz leicht zur Äusseren Rothlahn (4 Uhr
40 Min.) und über diese hinaus zum Pragser Wildsee
und nach Neu-Prags (1325 Mtr.), wo wir um 6 Uhr
30 Min, abends anlangten.

Col da Ricegon. (2647 Mtr.) Erste Ersteigung,
19. August. Wildbad Neu-Prags ab 3 Uhr 2ü Min.
früh und über den Pragser Wildsee (1479 Mtr.) und die
Grünwaldalphütten (Pitscheid, 1590 Mtr.) in das Seiten-
bachthal. Am Ende desselben hielten wir uns rechts über
eine grosse Lahn in das Kar „Hinter dem grünen
Bühel" und gewannen durch dieses den Fuss der Ost¬
wand unseres Gipfels (Rast 8 Uhr bis 8 Uhr 44 Min.).
Zuerst durch eine Schneeklamm, dann über leichte
Schrofen zu einem ca. 50 Mtr. hohen Kamine; hierauf
abwechslungsreiche, nicht leichte Traversirung zu einem
ca. 45 Mtr. hohen, überhängenden, sehr schwierigen
Kamin der Nord wand; zuletzt über leichte Felsen zur
furchtbar zerrissenen Giptelschneide (10 Uhr 40 Min.
bis 11 Uhr 45 Min), wo wir ein Steinmandl mit Notizen
hinterliessen. Rückweg auf gleichem Wege: Fuss der
Felsen 1 Uhr 45 Min. bis 2 Uhr 50 Min., Pragser Wild¬
see 4 Uhr bis 4 Uhr 40 Min., Wildbad Neu-Prags an
5 Uhr 10 Min. abends.

Senn88er Karspitze (2666 Mtr.), Kleiner Seekofi (Pitti
Sass la porta 2770 Mtr.) f erste tour. Ersteigung,
Gr. Seekofi (Gran Sass la porta 2510 Mtr.), erste Er¬
steigung über die Südwand, 31. August. Wir