175
MittheiluDgen des Deutschen und Oesterreichisclien Alpen-Vereins.
Nr. 14.
Hintere Ochsenhorn zu sehr von nahezu gleich
hohen Bergen umschlossen ist.
Der unermüdlichen Thätigkeit des Herrn
Julius Kanzler (S. Passau) und des tüchtigen
Führers Sock von Lofer ist es auch gelungen,
einen sehr hübschen Abstieg vom Hinterhom zum
Pillersee ausfindig zu machen, von wo man dann
entweder über Waidring nach Lofer zurückkehren
oder überSt. Ulrich nachHochfilzen oder Fieberbrunn
an die Giselabahn gelangen kann. Der Abstieg
vomHinterhorn nach St. Ulrich dürfte 3—3V2Stunden
beanspruchen; der Aufstieg umgekehrt 6—7 Stunden.
Dieser ebenfalls markierte Weg führt direkt in
der Eichtung gegen Südosten zwischen Eothhorn
und Eeifhorn auf die
Larsthal-Àlpe
herab, er¬
innert beim ersten Anblick an den Abstieg von
der Zugspitze zum Eibsee, entpuppt sich aber bei
weitem harmloser, als jener. Von der Larsthal-
Alpe herab zieht sich ein Saumpfad, der aller¬
dings durch Geröll und Latschen führt; er ist
eben ein Gebirgspfad. Der Endpunkt ist bei St.
Ulrich, wo man sich an den frischen Fischen des
Pillersees und einem guten
„Speziai"
für die über-
standenen Strapazen entschädigen mag.
Bei unserer Schilderung der Steinberge dürfen
wir der Klammen und Höhlen nicht vergessen,
wobei vor Allem die Yorderkaser - Klamm zu
erwähnen ist, während die Seissenberg-Klamm,
auf der Ostseite der Saalach, somit ausserhalb des
Arbeitsfeldes gelegen, ausser Berücksichtigung
bleibt. Diß Vorderkaser-Klamm,-in nächster
Nähe der
Strasse,
ungefähr 8 Kilom. von Lofer
und 16 von Saalfelden, übertrifft an Grossartig¬
keit der Scenerie wohl die meisten Klammen in
den nördlichen Kalkalpen, soweit sie mir bekannt
sind und erinnert in ihren engen, senkrecht zum
Himmel aufsteigenden Wänden, welche sich an
manchen Stellen so sehr nähern, dass kaum noch
das Blau des Firmamentes sichtbar ist, an die
schönsten Punkte der Lichtensteinklamm und der
Tamina-Schlucht. An diesen senkrecht aufsteigen¬
den Wänden hängen kühn gebaute Stege, unter
denen tief in herrlichem
Weiss
und Grün mit
donnerndem Tosen die Wellen des herabstürzen¬
den Bergwassers dahineilen oder in ihrem heftigen
Anprall an die gigantischen Felsen bis zum Himmel
den dampfenden Gischt spritzen. Wie viele Tau-
sende und abermals Tausende von Jahren mögen
wohl dahin gegangen sein, bis die Gewalt des
Wassers eine kleine Spalte bis zu dieser tiefen
Klamm ausgehöhlt hat, deren Wandungen an ver¬
schiedenen Stellen in einer Höhe von 150 Mtr.
und noch mehr emporragen!
Ungefähr 2 Kilom. von dieser Klamm in der
Eichtung gegen Saalfelden, noch 12 Minuten viel¬
leicht von Oberweissbach, befindet sich das Lam-
prechts-Ofenloch, eine sehr geräumige Höhle gerade
unter dem Laner-Horn. Aus der Höhle strömt
ein kleiner Bach, das Sickerwasser der nörd¬
lichen Abhänge der Leoganger Steinberge, wo¬
durch der Besuch der Höhle etwas erschwert
wird, doch soll man schon eine halbe Stunde tief
in die Höhle eingedrungen oder richtiger in
sie hineingekrochen sein. Eine Karte der Höhle
ist im Wirthshaus zu Oberweissbach aufgehängt
und zeigt das Ergebniss der bisherigen For¬
schungen.
Auf der Westseite bildet der Grieselbach (in
Handbüchern auch Strubach genannt) bei St.
Adulari nördlich vom Piller-See durch Anschwem¬
mungen und Unterschwemmungen eine Klamm, die
„Oefen"-: oder „St. Adulari-Klamm". Diese Oefen
können selbstverständlich schon wegen ihrer Lage
keinen Vergleich mit den Salzach-Oefen bei Gol-
ling oder gar mit der Vorderkaser-Klamm aus¬
halten, gewähren aber in ihren bizarren Formen
einen interessanten Einblick in das gewaltige
Schaffen der Natur, welche hier im Laufe der
Zeit ganz pittoreske Gebilde hervorgezaubert hat.
Maier und Mooshammer in Saalfelden, so¬
wie S ock in Lofer, sind autorisierte Führer, der
Gegend ausgezeichnet kundig und können wirklich
mit bestem Gewissen allen Freunden der Stein¬
berge bei ihren Kreuz- und Querzügen empfohlen
werden.
Es ist von der S. Passau Alles zum besten
Empfange aller Gäste in unseren nördlichen Do¬
lomiten gerüstet; mit Freuden empfangen wir die
frohen Waller zu den Höhen des Birnhorns und
des Hinterhorns; mögen sie nur recht zahlreich
kommen !
Touristische Mittheilungen.
Karwendelgruppe.
Innthaler Karwendelkette. Trotz schlechter Schnee¬
verhältnisse gelang es den Unterzeichneten am 17. Juni
eine Ueherschreitung der ganzen Solsteingruppe durch¬
zufuhren. Zu bemerken ist, dass bei dem tfebergang
vom Grossen zum Kleinen Solstein der Grat, welcher
in seinen Thürmen und Zacken genug der pikanten
Kletterei bietet, nie verlassen wurde. Die mittlere
Strecke am Grate des Kleinen Solsteins erforderte
anstrengende Stufenarbeit. Dauer des Kletterns vom
Grossen zum Kleinen Solstein 2% Stunden.
S. München.
W- Mauke- T, Naumann.
Stubaier Alpen.
Waldrast spitze von Norden. Nach dem „Innsbr. Tgbl."
haben am 9. Juni zwei Mitglieder des Akad. AlpencLubs
die
Series-
oder Waldrastspitze über die, wie es scheint,
bis dahin nicht betretene Nordseite erstiegen. Die
zwei Herren zweigten vom "Weg Mieders-Waldrast bei
der 10. Station ab, stiegen dann durch die rechte Reusse
empor, von der sie eine Traversierung nach links zum
untersten Absatze des Mittelmassivs brachte. Von hier
gieng es in direkter Linie zum Gipfel, eine fast ununter¬
brochene Kletterei von vier Stunden.
|
---|