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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 19 (1893)
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Nr. 14.

Mifctheilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins.

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Stubaithal.

Elfer Spitze. (Mittlere), 2494 Mtr. Erste Ersteigung :
Am 18. Mai von Neustift früh 4 Uhr 20 M. ab mit Führer
Andreas G-umpold. Durch den Lahner Wald und über
steile Grashänge zu den Nordostausläufern der Elfer¬
spitzen. Kammhöhe an 7 Uhr 30 Min., ab 7 Uhr 35
Min. 20 Minuten vorsichtige, jedoch ungefährliche
Kletterei zur östlichsten Spitze und auf diese (bereits
früher erstiegen) zwecks Becognoscierung. Gipfel:
8 Uhr. Von demselben ist es unmöglich die mittlere
Spitze zu ersteigen, welche als Felssäule ganz frei steht.
Nur von einer Stelle schien die Ersteigung möglich.
Deshalb Abstieg von der östlichen Spitze und um die
breite südliche Spitze herum, bis steile und glatte Platten
zum Anlegen der Eisen mahnten. Nun schwierig an
der Westflanke der südlichen Spitze, dann über .2 kleine
Felsthürme sehr schwierig hinweg und kriechend unter
Felsen durch zu einer natürlichen Brücke, welche zur
einzig möglichen Ersteigungsstelle, des Elfers leitet.
Hier schwierigste Stelle der ganzen Tour. An der fast
senkrechten Wand bietet sich nicht der geringste Griff,
um ein etwa 1 Mtr. * über unseren Köpfen befindliches
Felsband zu erreichen. Nach mehreren vergeblichen
Versuchen glückte es mir zuletzt, indem ich den von
Gumpold gehaltenen Pickel als Stufe benützte, den Körper
auf das Band zu schieben, wo wieder sicherer Stand war.
20 Schritte links öffnet sich ein fast senkrechter Kamin
mit sehr schlechten Griffen, und so eng, dass stellen¬
weise nur seitlich der Körper hindurch kann. Die
Messung mit dem Seile ergab 25 Mtr. Höhe. Vom Ende
des Kamins etwa noch 5 Mtr. leichte Kletterei zur
Spitze, wo wir um 9 Uhr 30 Min. ankamen. Oben ein
flacher, mächtiger Fels in Form eines Tisches, auf wel¬
chem wir einen Steinmann errichteten mit Visitenkarte
und Zeitnotizen. Aussicht auf das Stubaithal und die
nördlichen Berge prachtvoll, nach Süden durch die an-
dereir~ElferzacKen "veitt&eKt:""Uer^Dstieg fio Uhr)
erfolgte auf demselben Wege und erschien bedeutend
leichter wie der Aufstieg. Wir trafen um 11 Uhr 30 Min.
in Neustift ein. Gumpold hat sich auf dieser Tour vor¬
züglich bewährt und kann nicht warm genug empfohlen
werden.

Vom Passeier- in das Stubaithal. Ein wenig bekannter,
dabei leichter und lohnender Uebergang vom Passeier¬
thal in das Stubai oder umgekehrt, führt vom Schnee¬
bergbergwerk (2341 Mtr.) östlich zur Schwarzseescharte
(ca. 2800 Mtr.) und über den fast ebenen Hochferner
zur Botzerscharte, 3093 Mtr. Hier kann mit 2 Stunden
Zeitaufwand der lohnende, so wenig besuchte Botzer,
3256 Mtr., erstiegen werden, ehe man über den Uebel-
thalferner entweder nordwestlich zur Müllerhütte oder

nordöstlich zur Freigerscharte und Nürnhergerhütte
absteigt. Von heiden Hütten wird dann leicht das
Stubaithal erreicht. Diese prachtvolle Gletschertour
kürzt die sonst üblichen Wege über den wenig interes¬
santen Jaufenpass oder das Timbler Joch um einen
ganzen Tag. Vom Schneeberg bis Eanalt im Stubai
(ohne Botzer), 7 bis 8 Stunden. Im Spätherbst ver¬
gangenen Jahres führte ich diese Tour mit Gumpold
aus und schlössen sich uns damals der Führer Martin
Metz aus Noeders im Stubai sowie ein zweiter an.
Frankfurt a. M. Hans Bavenstein jr.

Primör- Gruppe,

Cima di Val Roda. Bezüglich des unter „Neue
Touren von 1892" erwähnten Abstieges des Herrn
Robert Corry (S. 150 der „Mitteilungen") in der
Scharte zwischen der Cima di Val Roda und dem
Campami di Val Roda ist zu bemerken, das& derselbe
nicht direkt von der Spitze der Cima di Val Roda in
die Scharte, sondern an der Nordwand des Berges tra-
versirend, dahin führte. Der direkte Anstieg von der
Scharte auf die Cima di Val Roda wurde run 15. Juli
1892 von mir mit Michele Bottega ausgeführt.

In Bezug auf den Sasso di Campo erlaube ich
mir zu bemerken,'dass während Herr D. Diamantidi
seine Anstiegsroute auch im Abstiege einhielt, ich und
Tavernaro über den interessanten Westgrat abstiegen,
so dass also an einem Tage drei Routen gefunden
wurden : nämlich von Herrn Diamantidi über den
S.O.-Grat (?) und von mir über die S.-Wand und den
W.-Grat.

S. Martino. L. Norman-Neruda.

Aus S. Martino berichtet Herr L. Norman-
Neruda wie folgt : „Es dürfte viele Alpinisten in-
terßssieran-~ziL erfahren, dass in der Palagruppaiier
bereits alle bedeutenderen Gipfel erstiegen wurden.
Am längsten trotzte in Folge von Eis und Schnee die
Pala di S. Martino, welche vor einigen Tagen Mr.
Cooke aus Oxford unter bedeutenden Schwierigkeiten
erstieg. Dieser Herr erstieg u. A. noch folgende Gipfel:
Cima di Cuseglio, Cima di Val Roda, Campanil di Val
Roda, und Cima delle Comelle. Ich habe bisher "er¬
stiegen : Cima della Madonna (mit Herrn Max S e h 1 e -
singer- Berlin und M. B e 11 e g a) ; Cimon della Pala
(mit meiner Frau ohne Führer) ; Cima di Ball (mit
meiner Frau und Mr. O. Dickinson); Cima di Cuseglio
(allein). Forcella Cuseglio (allein) und Cima delle Co¬
melle (mit meiner Frau). Der Schnee ist in den heissen
Julitagen in Riesenmengen geschmolzen und warten
bereits alle Zinnen, ihrer Ersteiger."

Verschiedenes.

Weg- und Hüttenbauten.

Austria-Hütte. Die der Section Austria gehörige
Austria-Hütte am Bandriedel bei Schladming wird, wie
in den vergangenen Jahren, seit Juni bewirthschaftet
und wird der Pächter derselben, Herr Conrad Keller,
sein Möglichstes thun, alle Besucher mit guten Speisen
und Getränken zu befriedigen. — In der Hütte sind
20 Betten. Die Hütte besitzt bekanntlich eine wunder¬
bare, mit selten schöner Aussicht verbundene Lage am
Südgehänge des jähaufstrebenden Dachsteinstockes, im
Angesichte der langen Tauernkette. Der Zugang von
der Eisenbahnstation Schladming ist ein breiter, be¬
quemer Weg über Matten und durch Wälder und ist
der Spaziergang zur Hütte Jedermann wärmstens an-
zurathen.

EdelhOtte der Section Würzburg. • Dieses an der
Ahornspitze im Fellenbergkare schön gelegene Unter¬
kunftshaus ist seit Anfang Juli wieder bewirthschaftet.
Die herrliche Aussicht und besonders die gute Bewirth-
schaftung, finden durch vermehrten Besuch immer
grössere Anerkennung. Zur weiteren Bequemlichkeit
der Besucher wurden in diesem Jahre die Matratzen
theilweise mit Federbetten ausgestattet. Der Weg zur
Hütte und von da zur Spitze, von Maii-hofen 4 bezw.
6 Stunden, ist sehr bequem angelegt und gut erhalten.
Die Section Würzburg Hess in diesem Jahre einen
neuen Weg anlegen, welcher von der Edelhütte über
die Filzenalpe (mit herrlicher Aussicht auf den
vergletscherten Hintergrund der Stillup) in das
Stiuupthal führt. Man kann alsdann thalabwärts nach
Mairhofen zurückkehren, oder im Thale aufwärts, über