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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 20 (1894)
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Nr. 11.

Mjttheilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins.

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Berg yon so vielen Menschen besucht wird; wo man
erst riskiert, in der Hütte zu ersticken; wo dann die
Steine locker liegen und unter den Frissen von
Ersteigern aller Nationen Flügel bekommen; wo
man sich ärgert über die Colonne, die vorausgeht
und über die, die nachkommt; wo endlich, wie die
Herren vom Alpine-Club meinen, auch die Ge¬
fährlichkeit der allenthalben umherliegenden Sar¬
dinenbüchsen und Flaschenscherben nicht zu unter¬
schätzen ist.

Grosser ist die Arbeit, bedeutender sind die
Schwierigkeiten um diese Jahreszeit, Aber um
wie viel grosser der Genuss, um wie viel herrlicher
an einem klaren Märztage die Aussicht, das
brauche ich nicht zu sagen. Und wer in den
Bergen die Einsamkeit liebt, der versteht mich
ganz. ■■■.,.. '• , -

Am folgenden Morgen in aller Frühe liefen
wir hinunter nach Zermatt. Im Dorf e wurden
wir vom Geknatter der Flintenschüsse empfangen,

die zu unsern Ehren abgefeuert wurden und nicht -
auf die Eechnung kamen. Die Zermatter hatten
den ganzen Tag hindurch fleissig „gespiegelt" und {']
erzählten uns, wie hübsch und genau sie uns .
durch ihre Fernrohre beobachtet hatten. Ja, als ?
wir den Fuss auf die Spitze des Matterhorns c 1
setzten, da lief sogar ein unbekannter "Wohlthäter v ; j
zur Post und telegraphierte das welterschütternde
Ereigniss an die Berner Zeitungen, in denen denn
auch Tags darauf die „kühne That" gedruckt zu
lesen stand.

Wir schwatzten noch eine "Weile mit den Leuten,
bestiegen dann unseren Wagen, steckten eine Pfeife
an und kutschierten frohen Sinnes das Thal hin¬
unter nach St. Nicolaus. An der Wegecke, wo das
Matterhorn zum letzten Male sichtbar ist, warfen
wir noch einen Blick zurück zu. dem Felskoloss
und Burgener meinte, indem er mir auf die
Schulter klopfte: „Nicht wahr, es ist doch ein
prächtiger Kerl, das Matterhorn !"

Die Herstellung einer Eisenbahn teli die Hohen Tanern,

Von W. Kellner in Gera (Keuss j. L.)

(Schluss)

* Nach den beim Bau des Arlbergtunnels gemachten
Erfahrungen sind für den Bahn-Durchbruch der Tauern-
kette und die Fertigstellung des Hauptunnels 4 Jahre
Bauzeit veranschlagt worden. Die Zufahrtsrampen des
Haupttunnels, und des auf der Südseite gelegenen,
sowie der beiden auf der Nordseite herzustellenden .Kehr¬
tunnels erfordern bei den langen und strengen Wintern
jener .Gregenden fur. sich .allein eine Bauzeit von drei
Jahrèii. '

In Bezug auf die Anzahl und die Lage der Stationen
der Tauernbahn ist Folgendes zu bemerken: Es sind
in Aussicht genommen die schon genannten Stationen:

1. Möllbrücken ... 553,04 m über Meer
, 2. Kolbnitz . . . . 649,40

3. Benk . . . ... 764,94

4. Obervellach . . . 914,40

5. Groppenstein . . . 1063,75

6. Mallnitz ..... 1204,37

7. Böckstein . . . « 1175,54

8. Wildbad Gastein . 1083,55

9. Angerthal .... 975,92

10. Hof-Gastein (Halte¬

stelle) ... . . 909,75

11. Mairhofen .... 816,44

12. Loibhorn .... 728,36

13. Schwarzach St. Veit 590,84

Die Stations entfernungen betragen in Metern
zwischen Möllbrücken und

Kolbnitz . . . . . . 7,716

von da nach Benk . . 4,993
„ Obervellach 6,473
„ „ Groppenstein 6,328
„ „ Mallnitz . 6,502
. „. . Böckstein . 10,498
„ „ Wildbad

Gastein . 4,258
- Angerthal . 4,730
Haltestelle

Hof-Gastein 6,239
, Mairhofen 7,141
„ » „ Loibhorn . 5,996
„ Schwarzach.-

St . Veit . 6,002

Summe der Länge der Strecken 76,946
oder rund 77 km

DieBahnstrecke soll mit 65 Wächterhäuschen besetzt
werden. Es enttällt mithin 1 Wächterhaus auf je 1,18 km.
Der höchste Punkt der Tauernbahn liegt im grossen
Tunnel 1227,188 m über dem adriatischen Meere. Die
auf 27,742,953 fl. veranschlagten Baukosten vertheilen sich
auf die einzelnen Positionen in nachstehender Weise:

1. für die Vorarbeiten und die Bau-

..,......'. aufeicht* ......... 1,154,190 fl.

2. für Grundablösung und sonstige

Entschädigungen ..:... 0,471,596 „

3. für Erdarbeiten ........ 2,007,027 „

4. für Nebenarbeiten ....... 1,372,976

5. für kleinere Kunstbauten . . . . 0,487,362 „

6. für grössere Kunstbauten :

a) für Viaducte, Brücken und ein-

geleisige Tunnels ..... 3,539,030 fl

b) für Herstellung des grossen
Tauerntunnels . ...... 13,000,000

7. für die Beschotterung und den Bau:

a) der offenen Strecke ..... 429,098 „

b) für den Tauerntunnel ... ! 134,736 „

8. für Oberbaumaterial :

a) der offenen Strecke ..... 1,454,546

b) des grossen Tunnels .... 354,732 „

c) für den Hochbau und die Wasser¬
versorgung ........ 1,338,703 »

10. für Bahnausrüstung, Einrichtung und
Betriebsvoranlagen :

a) der offenen Strecke . .... 406,478

b) des Tauerntunnels ..... 45,864

11. für den Fahrpark zusammen . . 1,546,615 »

Sa. wie vorstehend 27,742,953 fl
An Kunstbauten sind ferner erforderlich : 22 Viaducte,
7 Brücken und 12 kleinere Tunnels.

Bemerkenswerth sind u. a. die Viaducte:

1. über den Kapponiggraben mit

einer Gesammt - Lichtweite von 180 m,

2. der Viaduct über den Zwenberg-

graben .......... 118 m Lichtweite,

3. der Viaduct über den Eoglgraben 102

4. der Viaduct über die Angerthal¬
schlucht ......... 104 -, »

5. der Viaduct über den Mallnitz-

bttch ........... 98

6. der .Viaduct über den Pfaffen-