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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 21 (1895)
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Nr. 14.

Wien, 31. Juli.

1895.

Die Manndlwand in der Uebergossenen Alm".

Von L. Purfsehcller in Salzburg.
(Mit einer Abbildung.)

Unter den vier Gauen des Landes Salzburg ver¬
dient insbesondere der zwischen dem Tauemgebirge
und den grossen Berchtesgadener und Salzburger
Kalkstöcken eingeschlossene Pongau die Beachtung
des Gebirgswanderers. Wohl ist es richtig, dass der
Pinzgau die Hochgebirgsnatur des Landes in noch
grossartigerer und vollendeterer Weise zum Aus¬
drucke bringt, da der grössere Theil seines Gebietes
dem vergletscherten Tauernwalle angehört. Aber auch
der Pongau ist überaus reich an. seh {'men Bergen,
an herrlichen Aussichtspunkten, an Hochthälern und
Alpenweiden, wenn auch die meisten Reisenden acht¬
los an all diesen Schönheiten vorüberfahren und von
den Naturschaustücken des Jjandes kaum viel Anderes
kennen als etwa den Pass Lueg, die Liechtenstein¬
klamm und das Hochgrindeck.

Und doch würde es sich überaus lohnen, sich
etwas weiter in dem Gebiete des Gaues umzusehen
und die Pfade des Erschliessers oder des Ent¬
deckers zu wandeln, denn noch giebt es Mancher¬
lei zu besichtigen, mitzutheilen und zu beschreiben,
was für den Gebirgsfreund und Alpenwanderer von
Interesse und Nutzen sein dürfte. Ausser den ge¬
nannten Objecten sind es insbesondere die Kalk¬
stöcke der Uebergossenen Alm, des Hagen- und
Tennengebirges, die aussichtsreichen, schön begrünten
Höhen des Dientener Schiefergebirges, die Thäler
von Gross- und Kleinarl mit ihren sie einschliessen-
den Bergketten und Gipfeln und in weiterer Linie
auch die Umgebungen von Radstadt, Filzmoos, Anna¬
berg und Lungötz mit den prall aufgerichteten
Mauern der Dachstein Gruppe, die einer erhöhten
Beachtung der Touristen würdig wären. Eine der
Hauptursachen, dass gerade die schönsten und be-
suchenswerthesten Berggebiete des Pongaus von
Alpenreisenden gemieden werden, liegt in der rück¬
sichtslosen Hervorhebung jagdlicher Interessen, denen

gegenüber selbst die berechtigtsten Ansprüche der
Landwirtschaft in den Hintergrund treten müssen.

Neben der reichen Fülle von Naturschönheiten,
die sich im Pongau auf verhältnissmässig kleinem
Räume zusammengedrängt finden, und auf die in
diesen Blättern (Jahrgang 1891, Nr. 8 und 9) auch
Herr Heinrich Hartweg in einer sehr ansprechen¬
den Arbeit: „Zwei Bergfahrten bei Bischofshofen"
aufmerksam machte, ist es vor Allem der Bergbau,
der das Iutereaae der Naturfreunde wachruft. Wip.
im Flachau das Salz und im Pinzgau das Gold, so
hat im Pongau die Gewinnung des Kupfers eine
bedeutende Rolle im Leben der alten Bewohner des
Landes gespielt, und mit vollem Rechte nennt Hein¬
rich Noe das Land Salzburg „das Californien der
Römerzeit". Mehr noch als die alten Funde in den
Salzstöcken von Hallein und Reichenhall giebt uns
der Kupferbergbau in Mitterberg am Fusse der
Uebergossenen Alm Kunde von den ältesten, ge¬
schichtlich bezeugten Bewohnern des Landes, den
der keltischen Völkerfamilie angehürigen Alaunen
und Ambisontiern, die nach dem Geographen Ptolo-
mäus einst diese Gebirgsgaue bewohnten. Mancherlei
Gründe sprechen dafür, dass die Kupfer- und Bronze¬
gegenstände, die in den Reihengräbern von Reichen¬
hall und im Grabfelde nächst dem'Rudolfsthurme
bei Hallstatt gefunden wurden, von den Erzgruben
auf dem Mitterberge herrühren, denen sicherlich ein
Alter von 3000 Jahren zuerkannt werden muss.

Die Gewerkschaft Mitterberg ist gegenwärtig,
wenn wir von dem Halleiner Salzbergwerke und
dem Eisenwerke Concordiahütte absehen, der einzige
noch im Betriebe stehende grössere Bergbau des
Landes Salzburg, während der frühere reiche Berg¬
segen des Herzogthums völlig zur Mythe geworden
ist. Die Erzeugung von Kupfer belief sich 1893 auf
6305 Metercentner, das sind ungefähr 75% der Ge-