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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1919 (1919)
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Mitteilungen

des Deutschen und österreichischen Alpenvereins.

Ms Mitteilungen erscheinen am 15. und letzten jeden Monats.
Schriftleitung: Wien, XIII/5, Kagenberggafse 36.
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Nr. 1 u. 2

Wien, 31. Januar

Prof. Dr. Theodor Peterson

Wohl keine Nachricht wird unter den zahlreichen Mit»
gliedern des Vereins so viele herzliche Anteilnahme und
Trauer erwecken, wis die von dem in seinem 83. Lebens»
jähre am 15. Dezember v. I. erfolgten hinscheiden un»
seres unvergeßlichen Prof. Dr. Theodor Petersen,
des Gründers und Vorstandes der S. Frankfurt a. M.,
des ältesten und verdienstvollsten Mitgliedes des Gesamt»
Vereins, der bis auf wenige Monate ein halbes
Jahrhundert lang als Sektionsvorfitzender seine
überaus rege Tätigkeit mit größter Begeisterung und
Liebe dem Alpenverein widmete.

Gleich nach Gründung des Deutschen Alpenvereins
vereinigte Dr. Petersen, der seit 1864 auch Mitglied
des älteren Österreichischen Alpenvereins war, im Jahre
1869 alle in Frankfurt a. M. ansässigen Freunde der
Alpenwelt zu einer Sektion und wurde durch das
Vertrauen seiner Sektionsgenossen sofort zum Vor¬
sitzenden gewählt. Cr hat dieses Vertrauen "stets in
glänzender Weise gerechtfertigt, so daß er, immer wie»
dergewählt, bis zu seinem Ableben die leitende Ehren»
stelle bekleidete.

Getreu dem Streben Petersens, widmete die Sektion
ihre Tätigkeit vor allem der Ötztaler Gebirgsgruppe,
wo sie im Vereich des Pitztales und Kaunertales ge»
radezu Mustergültiges auf dem Gebiete des Weg- und
Hüttenbaues und der Führerorganisation auf Anregung
und unter der zielbewußten Leitung Petersens schuf.
In der S. Frankfurt a. M förderte der Verblichene das
Vereinsleben in jeglicher Weise, besonders durch Ab»
Haltung von sehr gediegenen Vorträgen, gemeinsamen
Ausflügen usw., so daß die Sektion bald zu einer der
blühendsten und angesehensten des Gesamtvereins wurde.

Den Aufgaben und Zielen des Gesamtvereins widmete
sich Petersen mit größtem Interesse und unermüdlichem
Eifer. Mit wirklich bewunderungswürdiger Pflichttreue
nahm er an fast allen Hauptversammlungen des Gesamt»
Vereins, mögen sie von Frankfurt a. M. noch so weit
entfernt gewesen sein, teil und widmete den Veratungen
und Beschlußfassungen stets die größte Aufmerksamkeit
und regste Anteilnahme. Sein bescheidenes, überaus
freundliches und liebenswürdiges Wesen, sein lebhaftes
Temperament, sein stetes Bemühen, den Geist der Ein»
tracht im Verein zu bewahren und Gegensätze auszu»
gleichen was ihm vermöge seines scharfen Geistes
und seiner Rednergabe auch stets gelang —, machten ihn
bald zu einem der beliebtesten und geschähtesten Mit¬

glieder des Gesamtvereins. Für alle Vorkommnisse aus
längst vergangenen Zeiten hatte er ein bewunderungs-
würdiges Gedächtnis. Gern erinnerte er sich an die außer«
ordentlich lebhaften Verhandlungen bei der Generalver-
sammlung in Vludenz im Jahre 1873 anläßlich^des Ve»
schlusses über die Verschmelzung des Deutschen mit dem
Österreichischen Alpenverein zum D. u. Ö. Alpenverein,
wo die Anträge der Sektionen Frankfurt a. M. und Prag
den Ausschlag gaben und Prof. Dr. Petersen zum
ersten Ientralpräfidenten des nun vereinigten D. u. Ö.
Alpenvereins gewählt wurde. Unter seiner Leitung (1874
—1876) wurde die Trennung der Schriften des Alpen»
Vereins durch Schaffung der „Mitteilungen" und der
„Zeitschrift" (Jahrbuch) durchgeführt. Die „Mitteilun»
gen" leitete Petersen selbst mit einer Umsicht und Each»
kenntnis, die um so höher zu schätzen find, als damals noch
kein Vorbild dafür bestand. Diese Neuordnung bewährte
sich vortrefflich als ein wichtiges Werbemittel für die
alpine Sache, was Petersen mit großer Befriedigung
erfüllte.

Unendlich dankbar war mir Petersen für die treue
Freundschaft, die ich ihm feit Beginn unserer Bekannt»
schaft und alpinen Tätigkeit zu jeder Zeit aus vollstem
herzen widmete und bei den Hauptversammlungen des
Vereins durch enges Zusammenarbeiten und festen An»
schluß in allen Angelegenheiten und bei allen Beschlu߬
fassungen bewies. Sehr oft erinnerte er sich der ehren¬
vollen Aufgabe, die uns beiden allein nach der 5. Haupt»
Versammlung zu Innsbruck zuteil geworden war, für
einen neuen Ientralausschuß zu sorgen, und er freute sich
stets darüber, wie zufriedenstellend und segensreich diese
Aufgabe für den Verein durch die Wahl Münchens (1877
1879) gelöst wurde.

Auch in wissenschaftlicher Beziehung schuf Petersen
ganz hervorragendes. Nebst dem Alpenverein widmete
er seine unermüdliche Tätigkeit dem „Physikalischen Ver¬
ein" und der „Chemischen Gesellschaft", deren eifrigster
Forderer und Vorsitzender er durch viele Jahre war und
die er zu großer Blüte brachte. An seinem 75. Stiftungs»
tage ernannte der „Physikalische Verein" Petersen zu
seinem Ehrenmitglied und 1906 zum „ewigen Mitglied".
Petersens Marmorbüste schmückt die Eingangshalle des
physikalischen Instituts. Die „Chemische Gesellschaft"
ist eine Schöpfung Petersens, die ihn gleichfalls an ihre
Spitze berief. Diesen beiden wissenschaftlichen Vereint»