Nr.
11
u.
12
Mitteilungen des Deutschen und -Österreichischen Alpenvereins.
73
Eenn war Stüdl eine der treibenden Kräfte, die vor
50
Iah.
ren die Gründung des Deutschen Alpenvereins in die Wege
leiteten und die bei diesem bedeutsamen Schritt in München
auch persönlich zugegen waren.
Die Stammeszügehörigkeit der vier Gründer (zwei Reichs»
deutsche, zwei Österreicher) gab dem jungen Verein das Ge»
präge eines D. u. O. Alpenvereins lang vorher, ehe er diesen
Namen führte.
Der 18jährige Präger Oberrealschüler Stüdl kam auf Ein»
ladung der ihm befreundeten Künstlerfamilien haushofer und
Ruben
1857
nach Frauenchiemfee. Vom Gipfel der Kämpen»
wand erschaute er zum ersten Male die
Verge
der Alpen und
war ihrem Zauber fortan für immer Verfällen. Das Jahr
I860
führte ihn in die Verchtesgadner Alpen; vier Jahre
später unternahm er mit seinen Freunden Karl haushofer
und Karl
Ruben
eine Fahrt in die Iillertaler Gruppe und
die Dolomiten.
1867
erschien er zum ersten Male in dem damals ganz un»
bekannten Dörfchen Kals und erstieg den Glockner. Was sein
Name für die Erschließung des Glocknergebietes bedeutet,
wird heute noch dankbar anerkannt, und die Stüdl»hütte und
der Stüdl'Weg sollen sein Gedächtnis auch späteren alpinen
Geschlechtern bewahren.
Die farbenfrifche Beschreibung der Wanderungen des
Freundespaares Karl hofmann—Stüdl (erschienen im zweiten
Vande unserer „Zeitschrift") warb diefem Gebiete zahlreiche
Freunde. Im ganzen wurden damals
—
wie Ruthner mit»
teilte
— „3
neue, noch nie begangene Pässe gemacht,
13
Gip»
fel, darunter
5
bisher unerftiegene, erklommen. Gewiß ist,
daß jetzt nach Hofmanns und Stüdls Forschungen keine Glet»
schergruppe so gekannt ist wie die Gloclnergrüppe". Stüdls
weitere Bergfahrten und feine Verdienste um die „Eroberung"
unserer Ostalpen sind in die Geschichte unseres Alpenvereins
mit unvergänglichen Lettern geschrieben.
Einige Monate nach der Entstehung des Deutschen Alpen»
Vereins gründete Stüdl in Kals den ersten Führerverein in
den österreichischen Alpen, dem er später noch weitere fünf
Führervereine beifügte. Auf dem Gebiete des Führerwefens
waren feine Ideen grundlegend, und auf seine Anregung hin
wurde in der Generalversammlung unseres Vereins in Miin»
chen
1870
eine „Kommission zur Organisierung des Führer»
Wesens" eingesetzt.
Von Stüdls Verdiensten auf diesem Gebiete gibt
I. Cm»
mer in feiner Gefchichte zum 25jährigen Jubelfeste unferes
Vereins Zeugnis mit den Worten: „Es wäre ein Versäum»
nis, wenn nicht an dieser Stelle auch des Mannes gedacht
würde, der auch auf dem Gebiete des Führerwesens durch
seine Initiative und Sachkenntnis, seinen unermüdlichen Eifer
und feine stets bereite Opferwilligkeit das Beste geleistet hat:
es ist Stüdl, der seit
25
Jahren auch der Sache der Führer
feine Kräfte opfert."
Auch im Weg» und hüttenbauausfchuß entfaltete Stüdl
feit Beginn unferes Vereins eine höchst ersprießliche Tätig»
keit. Der Alpenverein war nach dem Urteil von Stüdls früh
verstorbenem Freunde Karl hofmann „fein Schoßkind", dort
genoß Stüdl fchon gleich anfangs ein hohes Anfehen, fo daß
Cduard Richter in einem Briefe an ihn am
2.
August
1872
meinte: „Ich soll nach Villach gehen; ich entbehre aber Ihrer
Sachkenntnis, und hauptsächlich'habe ich nicht einen Schatten
Ihrer unbegrenzten Autorität, die Sie mit Recht in allen
Alpenvereinsangelegenheiten genießen. Ein Wort von Ihnen
ist mehr als die längste Rede von mir."
Die S. Prag schätzt in ihm ihren Gründer und Förderer.
Gleich nach der Entstehung des Deutschen Alpenvereins
rührte Stüdl in Prag die Werbetrommel und rief eine Ver»
einigung von
52
Mitgliedern zufammen, die (um
11
ver»
mehrt) am
19.
Mai
1870
unferem Verein als Sektion bei»
trat. Sechs Hütten hat die S. Prag bis heute erbaut und
sich um das Führerwesen in ihrem Arbeitsgebiet tatkräftig
angenommen. Was sie in der Zeit ihres 49jährigen Ve»
stehens leistete, das ist alles auf die Anregung Stüdls zu»
rückzuführen. In die beiden letzten Jahrzehnte feiner erfprieß»
lichen
Wirksamkeit als Obmann der Sektion fallen noch zwei
große Hüttenbauten, und zwar der Bau der Neuen Prager
Hütte auf dem Kesselkopf in der Venedigergruppe
(1900
bis
1904)
und des Schlafhaufes der Payer-Hütte auf dem
Tabarettakamm in der Ortlergruppe
(1906—1909).
Unferem Jubilar wohnt eine Opferwilligkeit inne, die nicht
leicht ein zweiter befitzt. Cd. Richter rühmte von ihm: „Es
ist eine allen Deinen Freunden längst bekannte Sache, daß
Deine Noblesse nur von Deiner Güte und Liebenswürdigkeit
übertroffen wird."
In der S. Prag kamen und gingen Ausschüsse; Stüdl
aber blieb, gleich unserem Petersen, „der ruhende Pol in der
Erscheinungen Flucht". Auch als er kürzlich, aus leicht
be»
greiflichen Gründen, feiner Vaterstadt überdrüssig geworden,
ihr den Rücken kehrte und zu seinem Sohne nach Salzburg
übersiedelte, da bat ihn die Sektion, die Vorstandschaft weiter
zu führen. Er ist auch Ehrenmitglied der S. Prag, ferner
der Sektionen Dresden, Halle, Hannover, Teplitz und der
Akad. Sektion Wien. Zum
70.
Geburtstage stiftete ihm der
Sektionsausfchuß Prag eine Vronzeplakette mit feinem Brust,
bild.
Dem Begründer unferes Vereins, dem Pfadfinder und
Pfadebner in den Ostalpen, dem emsigen Vorstand der
S. Prag wünscht wohl jeder Alpenfreund einen frohen Lebens»
herbst. An ihm sind, wie Dr. hammerschlag bei der Ein»
weihung der Neuen Prager Hütte trefflich ausführte, die
Jahre fpurlos vorübergegangen, und feine ideale Vegeiste»
rung,
seine unvergängliche Arbeitskraft und Arbeitsfreude
vermochte die Zeit nicht zu mindern.
Verschiedenes.
Hütten und Wege.
Hütten und Wege der S. Warnsdorf. Die S. Warnsdorf
hat sich genötigt gesehen, in ihrem Arbeitsgebiete durch An»
schlag eine öffentliche Warnung zu erlassen, in der sie mitteilt,
daß infolge schwerer Beschädigungen und Veraulmngen die
Neugersdorfer,
Warnsdorfer und Iittauer
Hütte vollständig geräumt und abgesperrt wurden und deren
Benützung untersagt werden mußte. Auch vor der Begehung
der Hochwege und des Krimmler»Wassersall»Weges, deren
Ausbesserung zurzeit unmöglich ist, wird gewarnt.
Hannoversche Hütte. Die S. Hannover teilt mit, daß die
mit Vereinsschloß versehene
alte
hannoversche Hütte am
Ankogel nicht bewirtschaftet ist, daß aber auf briefliche An»
Meldung der Hüttenwirt Bergführer Hans Gfrerer in Mallnitz
zur Hütte mitzugehen bereit ist.
Das Kärlinger-Haus am Funtenfee (Stein. Meer) ist seit
Pfingsten, das Stöhr-Haus am Untersberg ab
15.
Juni
be»
wirtschaftet. Für Getränke ist gesorgt. Proviant und Ve»
leuchtungsmaterial ist mitzubringen.
Hütten der S. Allgäu-Kempten. Die Kemptener Hütte
und Rappenseehütte sind wieder geöffnet, doch kann auf Ab»
gäbe von Speifen nicht gerechnet werden.
—
Die Sektions»
leitung gibt zugleich bekannt, daß auf den Reiseverkehr
be»
treffende Anfragen künftig nur mehr geantwortet wird, wenn
der Anfrage das Rückporto beilicgt.
Die Vadener Hütte (der S. Baden b. Wien) auf dem
Großvenediger ist nach einer Mitteilung der Sektionsleitung
ganz ohne Brennholz. Man hofft, sie ab August wieder damit
versorgen zu können, doch mögen sich Besucher vorher in den
Talorten genau darüber erkundigen, ob bereits holz auf der
Hütte ist!
Hütten der S. Innsbruck. Die Vettelwurfhütte wird von
Ende Juni bis Ende September, das Solsteinhaus vom
1.
Juli bis
15.
Oktober und die Franz°Senn»hütte vom
7.
Juli bis
30.
September bewirtschaftet sein.
Das Niemannhaus (der S. Ingolstadt) auf dem Steiner»
nen Meer ist vom
6.
Juli bis anfangs September geöffnet.
Auf Verpflegung kann nur insoweit gerechnet werden, als für
|
---|