/ 257 pages
Mitteilungen des Österreichischen Alpenvereins 1969 (1969)
Search


Resolution der alpinen Vereine Österreichs über die Wegefrein
im Alpenland und den Schatz der Landschaft

Beschlossen von der Hauptversammlung des österreichischen Alpenvereins,

der Bundesleitung des Touristenvereins Die Naturfreunde"

und vom Zentralausschuß des österreichischen Touristenklubs.

Eines der wichtigsten Güter unserer Heimat sind die natürliche Schönheit der Landschaft, die Wälder,
die Flußläufe und insbesondere die alpinen Regionen. Der ungeahnten Entwicklung der Technik
entspringen aber neben vielen Vorteilen nicht nur unvermeidliche, sondern auch zahlreiche schädliche
Eingriffe in die Natur und verschiedene Beschränkungen des Anspruchs aller Menschen auf den
Zutritt zur freien Natur. Es ist daher notwendig, dem Schütze unserer Landschaft und dem Recht der
Allgemeinheit auf möglichst ungehinderten Naturgenuß jenes Maß an Aufmerksamkeit zuzuwenden,
das zur Abwehr der rasch wachsenden Bedrohungen auf diesem Gebiet notwendig ist. Der Naturschutt
darf in der Gegenwart nicht mehr als Angelegenheit des Schutzes einzelner Pflanzen und Tierarten,
sondern muß als Maßnahme zum Schutz der natürlichen Landschaft, vor allem der Berglandschaft,
verstanden werden.

Die durch die verkehrsmäßige Erschließung der Berge eingetretenen Vorteile der leichteren Erreich¬
barkeit des Berglandes führen leider auch zu Erscheinungen, die sowohl dem Charakter der Landschaft
als auch dem Naturgenuß durch die Allgemeinheit abträglich sind. Mit tiefem Bedauern müssen die
[alpinen Vereine Österreichs, die sich für die Erhaltung der vielfältigen Naturschönheiten Österreichs
)m ihrer Gesamtheil verantwortlich fühlen, feststellen, daß die unkontrollierte Verbauung, der spekula¬
tive Grunderwerb, die Einzäunung großer Flächen und die ungerechtfertigte Absperrung von Wegen
nicht mehr nur als Plage in der Umgebung der Städte sondern in erheblichem Maße bereits auch im
Bergland anzutreffen sind. Im Zeitalter der Technisierung und der Motorisierung sind das Ver-
ständnis für die Erhaltung der Eigenart unserer Landschaft und des Rechtes aller Menschen am
'Naturgenuß so stark in den Hintergrund getreten, daß eine nicht wieder gutzumachende Entwicklung
befürchtet werden muß. Die bestehenden Gesetze erweisen sich als unzureichend und die von der Öffent¬
lichkeit aufgewendeten Mittel als ungenügend, um den natürlichen Anspruch der Bewohner und der
Gäste Österreichs auf den Schutz der Landschaft und auf den ungehinderten Genuß der Naturschön¬
heiten zu sichern. Die alpinen Vereine Österreichs erheben daher ihre warnende Stimme und fordern
eindringlich rechtzeitige und wirkungsvolle Maßnahmen der Gesetzgebung in Bund und Ländern.

Bild: Rudolf Gritsch