Fremden
Central-Organ
zur
Förderung des Fremden-
und
Reise-Verkehrs in
und
nach Oesterreich
Abonnement
Inland:
Halbjährig
fl.
7.60
. 4.—
Insertion
:
sechs mal gespaltene
PetJbeil«
10
kr.
und dem angrenzenden bayerischen Hochland
mit besonderer Rücksicht auf
Kurorte, Bäder und Sommerfrischen, alpine Hochgebirgs-,
Radfahr-Touristik und Automobilismus.
(LOKALBAHN-, STRASSENBAU- UND HOTELWESEN).
Central
-
Redaktion und Administration: Salzburg, Schwarzstrasse Nr.
4.
Abonnement
Ausland:
6tni|»hrlg
. .
Halbjährig
. .
Mit englischer
fl.
3.—
resp. fl.
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n.
8.50
,. 4.50
Belage
Erscheint
47
mal
im
Jahre.
Autorisiertes Organ der Landesverbände der Kronländer Salzburg und Tirol.
—
Autorisiertes
Organ des Wiener
Vereines
für
Stadt-
Interessen
und Fremdenverkehr,
des Verbandes dsr Kurorte
und
Sommerfrischen des Salzkammergutes, des
Verbandes der
Sommerfrischen
des
Attersee's,
der Vereine zur Hebung
des Fremdenverkehrs
in Oberkrain
(Sitz Veldes)
und Salzburg,
sowie
der Fremdenverkehrs-
Sektion des deutschen BiJlitnerwald-Bundee.
Nr.
1. —
Jahrgang XH.
WIEN SALZBURG MÜNCHEN
Samstag
15.
Oktober
1898. •
Das MAKART-DENKMAL im Wiener Stadtpark.
u Ostern
1871,
während noch das deutsche Volk unter den
Waffen in Feindesland stand, während noch die grösseren
deutschen Städte von französischen Gefangenen wimmelten,
während welcher Zeit die Gemüter fast ausschliesslich vom
politischen Interesse erfüllt waren, war in der Künstler¬
stadt Düsseldorf am Rhein ein Bild ausgestellt,
welches trotz alledem und alledem
ein allgemeines Aufsehen erregte.
Es war das Makartische Gemälde:
Die Stadt Venedig huldigt der Cate-
rina Cornaro. Sämtliche Kunstjünger,
sowie ein
grosser
Teil der übrigen
Bevölkerung- sammelten sich vor dem
Bilde, welches in einem besonderen
Lokale ausgestellt war, und bewun¬
derten das eigenartige Genie Makart's,
das neue
lumen mundi.
Das Oelgemälde war ziemlich
gross.
Ungefähr den dritten Teil
davon füllte eine Art Estrade mit
Baldachin, welche ganz dunkelrot
drapiert war und in welcher Kardi¬
nale standen, die auch rot gekleidet
und rot beleuchtet waren, also zu
dieser Dekoration harmonierten. Auf
diesem breiten, karminroten Fonde
erglänzte die Gestalt der Caterina
Cornaro Sie war in den denkbar
hellsten Farben gemalt, sie hatte
einen blendend weissen Teint, hell¬
blondes Haar, war hauptsächlich mit
Perlen geschmückt und in glitzern¬
den, weissen Atlas gekleidet.
Diese Lichtquelle verbreitete sich
nach rechts hin sanft abfallend. Man
sah zunächst die Blumengabe und
die jungen Mädchen, welche sie
überreichten. Dies war alles noch
ganz licht gehalten. In den Blumen
waren eigentlich nur Anflüge von
gelb, rosa etc. zu bemerken, die
Mädchen waren blond, trugen auch
weisse Kleider, aber diese waren
etwas matter, nicht aus Atlas. Die
sich anreihenden weiblichen Gestal¬
ten zeigten wieder etwas mehr Farbe
in Teint, Haar, Schmuck und Ge¬
wandung, und wie sich ein weisser
Sonnenstrahl in die sieben Regen¬
bogenfarben bricht, so ergoss sich
weiter nach rechts ein förmlicher
Farbenstrom, die verschiedensten
Gestalten der Bevölkerung darstel¬
lend. An Helligkeit abnehmend,
aber an Mannigfaltigkeit der Farben
und Kontrasten zunehmend, wogte
die
bunte Menge, sich immer
breiter gestaltend, durcheinander.
Das Wasser spiegelte dieses Kaleidos¬
kop noch einmal zurück und über ihm
thronte der ruhige, blaue Himmel.
So etwas hatte die Welt denn doch noch nicht gesehen, ein
solcher Farbenzauberer war noch nicht auf der Erde gewesen. Man
wurde wohl an Paolo
Veronese
gemahnt, aber Farbenprobleme so
erschöpfend und so mit Methode durchzuarbeiten, das war Makart
vorbehalten. Ich könnte noch verschiedene Details von dem Bilde
beschreiben, vor welchem ich vor nun
27
'/
2
Jahren gestanden bin,
aber der Haupteindruck war immer der, wie auf dem glutroten
Grunde der kometenartige Stern erglänzte, dessen Schweif sich nach
rechts in das farbenreiche Durcheinander zersplitterte.
Wenn die Gestalten gar keine Personen, son¬
dern nur formlose Farbenklexe ge¬
wesen wären, so wäre es schon ein
wundervolles Bild gewesen.
Makart war schon bekannt, aber
jetzt wusste man doch warum und
man sah mit Freude, wie sein Genie
—
durch den allseitigen Beifall nur
noch sicherer gemacht und zu neuem
Schaffen angereizt
—
die höchsten
Stufen der Ruhmesleiter erklomm.
Durch seine bewundernswerten und
eigenartigen Leistungen vor und
während der Festlichkeiten zum
25jährigen kaiserl. Ehejubiläum ward
er der gefeiertste Mann Wiens.;
Aber die Berühmtheit erfordert
eine starke Natur. Hätte
Bismarck
jedem Turn- und Gesang-Verein eine
Dankrede gehalten, sogar er wäre
(
10
Jahre früher an der Auszehrung
gestorben. Makart war so beliebt
und verehrt, dass die besten Ge-
\
Seilschaften seine Gegenwart be¬
gehrten, heute zu einem Souper,
morgen zu einer Festkneipe, zu
einem Ball, zu einem Kostümfest,
zu einem Champagnergelage etc.
Makart war so liebenswürdig, diesen
Einladungen nicht zu widerstehen
und glaubte nicht, dass sein zart¬
besaitetes Künstlernaturell, welches
ja ausserdem auch mit grossen Ar¬
beiten in Anspruch genommen war,
das nicht aushalten würde, und so
haben wir Makart zu früh verloren.
Uns wäre lieber, wenn er noch
unter uns Sterblichen wandelte, als
dass er jetzt in marmorner Geister-
Parade da oben steht. Er hätte uns
noch manches neue Farbenspiel ge¬
zeigt, der kleine, interessante Mann
in Samtjackett, Pumphosen und
hohen Stiefeln. In dieser mehr
realistischen Auffassung hatte ihn
nämlich sein Freund, der Bildhauer
Tilgner, für das Denkmal modelliert.
Da kam aber ein Komitee, bestellte
ihn im Rubens-Kostüm, in welchem
er den Festzug über die Ringstrasse
geleitet hatte, und stellte ihn dann hin¬
ter die Ringstrasse in den Stadtpark.
Wir haben nicht nötig, das
Standbild weiter zu beschreiben
und zu erklären, weil dies schon
des öfteren von anderer Seite ge¬
schehen ist. Es ist schön, imposant und charakteristisch, von pracht¬
voller, dekorativer Wirkung, wie unser Bild es zeigt, und in
den
Einzelheiten prickelnd interessant. Die Stadt Wien hat in der
würdigsten Weise ihre Ehrenpflicht erfüllt. Es ist so schön, dass
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