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Fremdenzeitung - Centrales Organ zur Förderung des Fremdenverkehrs i... (1898)
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Seite 2.

FREMDEN-ZEITUNG

Nr. 4.

Zur gefälligen Beachtung!

Die „Fremden - Zeitung" wird In der Reise-Saison an das reisende Publikum auf den Stationen der k. k. Staatsbahnen In Wien, Eger,
Attnang, Salzburg, Innsbruck, sowie auf der k. k. privileg. Südbahn in den Stationen: Kufstein, Innsbruck, Franzensfeste, durch Organe der
k. k. Staatsbahnen, der k. k. priv. Sfidbahn und der Salzburg-Ischler Bahn gratis verteilt, ebenso durch die Agentien in Passau, Linz, Wien
und Budapest auf allen Schiffen der k* k. priv. Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft und den k. k. österr. Bodensee-Dampfschiffen dem

Reise-Publikum übermittelt.

Den Fremdenverkehr betreffende Nachrichten, sowie allfällige Beschwerden des reisenden Publikums, ferner Mitteilungen der Saisonvereine
und alpinen Sektionen, der Radfahr- und Automobil - Klubs finden unentgeltliche Aufnahme. Redaktionsschluss für Text- und Inseraten¬
teil am Mittwoch. Unverlangte Manuskripte werden nicht retourriert. Probenummern gratis.

Von unserer adriatischen Riviera.

Die Zukunft Äbbazia's.

Grosse Dinge bereiten sich an den paradiesischen Gestaden
des Quarnero's vor. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, ist der
blaue, adriatische Fjord auf dem besten Wege, in kürzester Zeit
einen allerersten Rang- in der Liste der fashionablesten und hoch¬
modernsten Winterstationen Europas sich zu erringen. Kaum vor
einem Dezennium durch den unvergesslichen General-Direktor Friedrich
Schüler für die Südbahn und die Monarchie gewissermassen erst
entdeckt, sah sich das reizende Abbazia seit geraumer Zeit schon
von einer mächtigen und einflussreichen internationalen Verkehrs-
Aktiengesellschaft umworben, der Compagnie Internationale des
Waggons lits et des Grand Express Europeens, welche sich mit dem
Plane trug, die dortigen grossen Kur- und Hotel-Etablissements der
Südbahn zu erwerben und deren Betrieb im grössten Stile weiter¬
zuführen. Die „Schlafwagen-Gesellschaft 1 ', deren Autorität in allen
Fragen des Reise- und Fremdenverkehres eine unbestreitbare Instanz
bildet, hat mit diesem Projekte gewissermassen die glänzende Zukunft
Äbbazia's als Weltbad eskomptiert, wenn auch anderseits zugegeben
werden muss, dass für diese Perle unserer adriatischen Riviera keine
erfolgverh eissend ere Protektion gedacht werden könnte, als gerade
die grosse Verkehrs-Gesellschaft der ganz Europa durchrollenden
Luxus-Palast-Expresszüge.

Wie uns aus Fiume berichtet wird, ist dortselbst auch bereits
das Uebereinkommen mit der Schlafwagen-Gesellschaft ratifiziert
worden. Die Perfektionierung der Verträge erfolgte in der General¬
versammlung der Quarnero-Aktien-Gesellschaft" zu Fiume. Den
grössten Teil der Aktien dieser Gesellschaft hat nämlich, wie bereits
bekannt ist, die Compagnie Internationale des Waggons lits et des
Grand Express Europeens u erworben. Ausserdem aber hat die

Quarnero-Gesellschaft der Compagnie Internationale des Waggons
lits" auch den mit der Südbahn abgeschlossenen Pachtvertrag von
Abbazia samt dem involvierenden Vorkaufsrechte übertragen. Bei
der General-Versammlung waren 11.010 Stimmen vertreten. Es wurde
der diesbezügliche mit der Compagnie Internationale des Waggons
lits", respektive der Compagnie des Hotels abgeschlossene Vertrag
mit einer starken Zweidrittel-Majorität ratifiziert. Bei dieser Ab¬
stimmung enthielten sich die Aktionäre der Compagnie Inter¬
nationale des Waggons lits", wie auch die sonstigen französischen
Aktionäre der Stimmenabgabe Ferner beschloss die General-Ver¬
sammlung die Ausgabe von Stammaktien im Betrage von einer
Million Gulden Zufolge Resignation der bisherigen Direktion und
des Aufsichtsrates fanden neue Wahlen statt und wurden in die
Direktion gewählt : Othon Baron Bourgoing, Albert Comte du Chastet
de Howarderies in Paris, Fernand Dcvzvands de Serdobin in Lüttich,
Hofrat Dr. Alexander Eger, General-Ditektor der Südbahn, in Wien,
Hofrat Ritter Claudius von Klandy, Eduard Lanner, beide in Wien,
Albert Larans Tiburee Marisot in Paris, Dr. Heinrich Lachs in Fiume,
Gustav Ritter v. Scharmitzer in Lovrana, Napoleon Schröder, General-
Direktor der Schlafwagen-Gesellschaft in Brüssel In den Aufsichts¬
rat wurden gewählt : Rudolf Bisteghi, Anatole de Capeyriere, Max
Lehmann, James Lederer-Sendor. Nach der General-Versammlung
fand eine Direktionssitzung statt, in welcher Othon Baron Bourgoing
zum Präsidenten und General-Direktor Dr. Alexander Eger zum
Vize-Präsidenten gewählt wurden.

Wir werden demnächst in ausführlicher Weise über die Unter¬
nehmungen der neu konstituierten Gesellschaft berichten

(Fortsetzung von Seite i.)

Der wissenschaftliche Klub von Vorarlberg, welcher Gelegenheit
hatte, bei einer kürzlich stattgehabten Exkursion all die beschriebenen
Herrlichkeiten zu sehen und insbesondere vermöge der Liebenswürdig¬
keit des Herrn Viktor Hämmerle (des geistigen Schöpfers der ge¬
samten Anlage) und des Herrn A. Rüsch, als Hersteller der maschi¬
nellen Einrichtungen, sowie des Herrn Fiedler, Vertreter der Firma
Siemens & Halske, welche die elektrischen Anlagen hergestellt, auch
Einblick in die gesamten technischen Details nehmen zu können, be¬
schloss nach einer mehrstündigen Wanderung diese denkwürdige
Exkursion, wobei sich noch die Gelegenheit fand, die Bilder des
Tages an der Hand einer Serie von kunstvollen, photographischen
Aufnahmen, die von dem hochgebildeten Geschmacke des auch als
Amateur-Photographen wirksamen Herrn V. Hämmerle Zeugnis ab¬
legten, zu schauen.

Höhlenschloss Lueg.

(Zur Umgebung von Adelsberg.)

Schon in den Nr. 23 und 28 des vorigen Jahrganges wiesen wir
auf die ausserordentlich interessante Umgebung Adelsbergs hin, die
also einen längeren Aufenthalt als äusserst empfehlenswert erscheinen
lassen und so möchten wir heute, als eine Art Ergänzung des
damaligen Artikels, noch eines besonderen Ausfluges in Wort und
Bild erwähnen, der sich bequem in einem Tage machen lässt Wir
meinen hier das in eine Höhle des Nanos eingebaute Schloss Lueg,
Eigentum des Fürsten Windischgrätz.

Wer es nicht vorzieht, den Fussweg über Gross-Ottek, Sagon
und Landol einzuschlagen, der nimmt als das empfehlenswertere
einen Wagen in Adelsberg, deren im Adelsbergerhof in vorzüglicher
Beschaffenheit stets zu haben sind. Man fährt dann in südwestlicher
Richtung auf der Triester Strasse über Hrasche bis Dilce und von
hier abzweigend in nördlicher Richtung über Hrenovitz, Landol bis
Lueg hinan. An die ganze durchfahrende Gegend knüpfen sich
interessante Sagen und Geschichten.

Es war im fünfzehnten Jahrhundert. Zwischen Adelsberg und
Präwald lag undurchdringlicher Wald eine für Wegelagerer über¬
aus günstige Gegend, die für dieselben durch die zahllosen Höhlen
des Karst noch besonders geradezu unzugängliche Schlupfwinkel bot.
Hier war die durch die Raubzüge des gewaltigen Erasmus Lueger
gefürchtete Domäne, der sich sein Nest in eine uneinnehmbare Höhle
des Nanos eingebaut hatte und nach vollbrachtem Raubzug stets
spurlos verschwand. Und doch zählte er vordem zu den verlässlich¬
sten und tapfersten Paladinen des Kaisers Friedrich III. und damals
lag auch seine Burg am Fusse des Schöckel nächst Graz. Ein
Waffenbruder des Andreas Baumkirchner und, wie die nachfolgende

Episode zeigt, diesem in verlässlicher Freundschaft zugethan, mögen
beide zwei prächtige Gestalten mittelalterlicher Ritterromantik geboten
haben. Aber einst befand sich Erasmus ausser Landes, Baumkirchner
geriet in die Hände seiner Feinde und diese brachten ihn unter das
Richtschwert. Als Erasmus bei seiner Rückkehr vom Tode seines
bewährten Freundes Kenntnis erhielt, geriet er in einen furchtbaren,
Böses ahnenden Zorn. Er kündigte dem Kaiser seinen Dienst, suchte
die Einsamkeit, das Revier der Bären und Wölfe und niemand durfte es
wagen den Namen seines Freundes in ehrenrühriger Weise zu nennen.

Aber eines Tages zog es ihn doch wieder hinaus in die Welt
und unter Menschen. Der Kaiser hielt in Frankfurt grossen Hof
und alle seine getreuen Paladine eilten herbei um ihm zu huldigen.
Auch Ritter Erasmus fehlte nicht und während der Becher in der
Runde kreiste, fiel manches Wort auch über tote Helden. Als nun
des tapferen Baumkirchner Erwähnung geschah, da übermannte den
schweigsamen Erasmus über den frühen Hingang seines Freundes
die Rührung und Thränen der Wehmut rannen ihm über die tief¬
gefurchten und wetterharten Wangen. Aber das Lob, dem Toten
gespendet, war dem hochmütigen Grafen Pappenheim ein Greuel,
ihm war derselbe ein Rebell gewesen, dem durch das Richtbeil
geschah, was ihm von Rechten gebührte. So erhob sich denn Graf
Pappenheim von der Tafel und indem er dem treuen Erasmus einen
hasserfüllten Blick zuwarf, verunglimpfte er in Worten dessen ver¬
schiedenen Freund. Da aber sprang Erasmus voll Zorn vom Tische,
zog wuterfüllt seine brave Klinge und schon nach kurzem Kampfe
lag Graf Pappenheim blutüberströmt tot am Boden.

Trotz seiner Freunde ward er in Ketten gelegt und die Tage
seines Lebens schienen gezählt. Aber es gelang ihm doch die Frei¬
heit zu erlangen und nun blieb er für lange Zeit verschollen Da
tauchten allmählich Gerüchte auf über die verwegenen Raubzüge
eines Stegreifritters, der bald der Schrecken aller Reisenden, von
den Höhen der Alpen bis zum Strande der Adria, ward und beson¬
ders in den Wäldern nächst Adelsberg sein Unwesen trieb und
schliesslich erfuhr man auch, dass der Gefürchtete der Erasmus
Lueger sei. Aber alle, die da auszogen auf des Kaisers Geheiss,
um ihn festzunehmen, kamen stets ohne denselben heim. Die Un-
durchdringlichkeit der Wälder, die zahlreichen Schlupfwinkel des
Karst, sowie seine eigene Schlauheit, führten selbst die geriebensten
Spürnasen irre und Hessen ihn stets spurlos verschwinden. Da er¬
hielt der Stadthauptmann von Triest strenge Weisung, den Wege¬
lagerer, und koste es was es wolle, gefangen zu nehmen. Nun scheint
es, dass die Sache auch Erasmus Lueger anfing, ein wenig lang¬
weilig zu werden und so zog er denn vor die Burg Kleinhäusl, ent¬
bot dem dort im Quartier liegenden Stadthauptmann von Triest
seinen Gruss und schoss dazu seine Pistolen in die Luft. Jedenfalls
lag darin ein gewisser Uebermut des alten Herrn, der sich denn
auch rächte. Eifrig verfolgt, erreichte er zwar sein Raubnest in der
Höhle des Nanos, aber die so keck herausgeforderten Spürnasen