/ 232 pages
Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 05 (1879)
Search


— 103 —

um gut marschiren zu können, die unteren Partien des Körpers meist unbedeckt,
was bei Begen und Wind wohl zu bedenken ist. Ein Ueberzieher ist auch
empfehlenswerth, aber auch er darf nur von leichtem Stoff sein.

Der Wettermantel aber ist allem vorzuziehen; er wird von leichtem schaf¬
wollenem Stoff, Loden, genommen, wasserdicht präparirt*) und dann so gemacht,
wie ihn die Jäger in unseren Alpen tragen. Derselbe muss eine Hand lang
unter das Knie reichen, dadurch wird das Regenwasser abgeleitet und'durch-
nässt nicht die Beinkleider. Die Knöpfe sollen sogenannte Olivenform haben, da
sich dieselben auf dem Marsch oder auf dem Heulager nicht aufknöpfen. Er
muss solche Weite haben, dass man bei schlechtem Wetter den Rucksack da¬
runter tragen kann, damit dieser vor Nässe geschützt bleibt. Da eigentliche
Aermel nicht vorhanden sind, so kann der Bergstock ungehindert gebraucht
werden. Der Halskragen ist so gross, dass er aufgestellt vor Zug und Regen
schützt. Nach Regenwetter unter Dach gekommen, schüttelt man den Mantel
gehörig aus und wenn nöthig, trocknet man ihn mit einem leinenen Tuch ab,
er kann dann sogleich verpackt werden.

Gänzlich zu verwerfen sind die sogenannten Kautschukröcke, an denen
aber meistens nichts weniger als Kautschuk ist, sondern nur Guttapercha in
Steinkohlentheer gelöst; dieselben; werden bald brüchig, lassen den Regen
durch und ist es heiss, so klebt alles zusammen.

Ein leichter Hut von weichem Filz — noch besser ein Strohhut, dem die
Nässe nicht viel schadet, also ein Panamahut, an dem aber das Sturmband
nicht zu vergessen, vollendet den Anzug.

Wir kommen nun zu einer grossen Menge von Ausrüstungsgegen¬
ständen, deren nähere Würdigung ebenso interessant als wichtig ist. Eine
alte Hegel sagt zwar, so wenig als möglich zu einer Tour mitzunehmen —
allein immerhin bleibt die Menge der Gegenstände eine erschreckende grosse.
Der Curiosität halber führe ich die Gegenstände auf, welche mitgenommen und
untergebracht werden sollen:

Geld, Uhr, Messer, Feuerzeug, Feldbecher, Feldflasche, Operngucker oder
Fernrohr, Thermometer, Compass, Bergstock, Steigeisen, Gletscherbrillen,
Gletschersalbe, Reisehandbuch, Karte, Notizbuch, Bleistift, vielleicht auch
Skizzenbuch, Papier zu Pflanzen oder Mineralien, Pergamentpapier oder Wachs¬
leinwand, Hausschuhe, Handschuhe, wollene Kappe, Taschentuch, Cigarren,
Seifenpulver, Kamm, Zahnbürste, Nähnadeln und Faden, Reserveknöpfe, Reserve¬
nägel, Leinwand, englisches Pflaster, Opiumtropfen, ein Stück Wachslicht,
Laterne, iDsectenpulver, Rum und Proviant, Wettermantel, zuletzt ein Ruck¬
sack , Tasche oder Tornister, in welchem obige Sachen untergebracht werden
sollen. In Summe gegen 60 Artikel.

Dass der Rucksack für den, der seine Sachen auch nur vorübergehend
selbst tragen muss, das zweckmässigste ist, steht fest, doch hat auch er seine
Schattenseiten. Bei Regen ist es nöthig, Hemd, Papiere, Cigarren, Brod,
kurz was nicht nass werden soll, in Wachsleinwand oder Pergamentpapier ein¬
zuwickeln, ebenso wenn ein Führer den Rucksack trägt, denn es ist eckeler¬
regend, wenn der Proviant etc. durch dessen Schweiss nass wird.

Ich habe an meinem Rucksack den Schlitz zunähen und oben bei der
Schnur verzinnte Eisenringe anbringen lassen, durch welche ein kleines Kett¬
chen gezogen wird, welches durch ein ganz kleines Hängscbloss abgesperrt
wird, so dass der Rucksack nicht von jedem geöffnet und auch mit der Post
vorausgeschickt werden kann; dazu gehört noch ein Stück Zinkblech und gura-
mirte Papierstreifchen, welche man vorher mit der Adresse (bis auf den Ort)
versehen hat.

*) Ueber die beste Methode, Wollenstoff wasserdicht zu machen, siehe
Mittheilungen 1877 S. 209 ; dazu wäre etwa noch zu bemerken, dass es nicht
angeht, dieses Verfahren bei fertigen Kleidungsstücken anzuwenden , da die
Stoffe ganz bedeutend eingehen.